Entstehungsdaten der Evangelien
MARKUS
«Entstehungszeit und -ort des Markusevangeliums. Die Schrift entstand unter dem Eindruck des Jüdischen Krieges (66-73), wegen einiger Anspielungen in Mk 13 wohl eher vor als nach der Zerstörung Jerusalems durch römische Truppen (Sommer 70).»
Christof Dahm in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Entgegen der Annahme des Irenäus von Lyon († um 202) (Adversus Haereses, III), die von Eusebius von Cäsarea († 339) (Kirchengeschichte, V 8,1-5) übernommen und über die Jahrhunderte hin für unumstößlich wahr gehalten wurde, hat Markus sicher «nicht "die Predigt des Petrus" aufgeschrieben, sondern eine Vielzahl verschiedener Quellen der Wort- und Erzähltradition (der halakhischen und haggadischen Überlieferung) über Jesus von Nazareth als Ersatz für die "mündliche Thora" der jüdischen Schriftgelehrten zusammengestellt [...], und zwar so vorbildlich, dass er für Matthäus und Lukas als Hauptquelle gedient hat; des weiteren zeigt ein einfacher synoptischer Vergleich an beliebiger Stelle, zum Beispiel in der Geschichte der Besessenen-Heilung in Gerasa (Mk 5,1-20, Mt 8,28-34), dass das Matthäusevangelium gewiss nicht früher entstanden sein kann als der Markus-Text; vielmehr wird auf Schritt und Tritt eine literarische Abhängigkeit erkennbar, die zwischen Matthäus und Markus besteht, und dabei ist es stets das Matthäusevangelium, dessen Fassung sich als sekundäre Veränderung des Markus-Textes zu erkennen gibt, niemals umgekehrt.
Zustimmen aber kann und muss man dem Zeugnis des Irenäus immerhin in der Ansicht, dass es offenbar eine semitische Urform zumindest weiter Teile des Matthäusevangeliums wie der Q-Quelle gegeben haben wird. Freilich wird diese Urform nicht "hebräisch" gewesen sein [... Es ist] mehr als wahrscheinlich, dass Aramäisch auch die Sprache war, in der man ursprünglich die Worte und Taten Jesu überlieferte. Andererseits gibt es freilich gewisse Hinweise, dass schon dem Markusevangelium hebräische Überlieferungen zur Vorlage gedient haben müssen, und so müsste man annehmen, dass bereits sehr früh die Jesus-Überlieferung den Charakter eines heiligen, gottesdienstlichen Textes angenommen hat, der dem Alten Testament gleichrangig zur Seite gestellt werden sollte.»
Eugen Drewermann, Das Matthäusevangelium. Solothurn; Düsseldorf: Walter, 1993. S. 5f.
LUKAS
«L. dürfte sein Evangelium auf jeden Fall nach 70 n. Chr. (die Apostelgeschichte entsprechend später, vgl. Apg 1,1) geschrieben haben, da Lk 19,43-44; 21,20-24 u. a. darauf hindeuten, daß er dort die Eroberung Jerusalems und die Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahre 70 aufgenommen hat.»
Frank Schumann in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
MATTHÄUS
«Da das Matthäusevangelium das Markusevangelium als Quelle benutzt hat - so die opinio communis zumindest in der europäischen Exegese -, ist es nach diesem entstanden, möglicherweise sogar noch nach dem Lukasevangelium, etwa um das Jahr 80. Jedenfalls blickt Mt 22,7 deutlich auf die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 zurück.»
Christof Dahm in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
JOHANNES
J. starb «wohl um 100/101 in sehr hohem Alter. Die altkirchliche Tradition nennt als Verfasser des 4. Evangeliums fast ausnahmslos den Apostel J. [...] Diese J.-Überlieferung fand aber in der rationalistischen Bibelkritik seit 1820 heftigen Widerstand. Heute ist man im allgemeinen der Auffassung, dass das heute vorliegende 4. Evangelium nicht unmittelbar von J. selbst geschrieben wurde, sondern von einem oder mehreren seiner Schüler nach der mündlichen Predigt des Apostels niedergeschrieben und zusammengefasst wurde.»
Werner Schulz in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
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