Aufruf zur weltweiten Lesung für Demokratie und Freiheit im Iran

Quelle: http://www.navidkermani.de/media/raw/Aufruf_litfestivalBerlin.pdf

Das internationale literaturfestival berlin ruft Kulturinstitutionen, Theater, Radiostationen und interessierte Personen zu einer weltweiten Lesung der Fatwa von Großajatollah Montazeri am 16. September auf. Ziel der damit verbundenen Veranstaltungen und Aktionen soll sein, unmissverständlich Solidarität mit der demokratischen Opposition im Iran zu zeigen und den Protest gegen Inhaftierungen solcher Kräfte und Schauprozesse zu unterstreichen.
Vor dreißig Jahren versprachen die neuen Herrscher, die sich als Stellvertreter Gottes auf Erden bezeichnen, Gerechtigkeit walten zu lassen, Liebe und Brüderlichkeit zu verbreiten, den Schwachen und Mittellosen zu helfen. Alle Bewohner des Landes sollten in Freiheit und Wohlstand leben. Der Iran sollte zum Vorbild für alle unterdrückten Staaten werden, zu einem Paradies auf Erden.
Kaum an der Macht, ließen die Gottesmänner ein Großteil der Opposition liquidieren, Zehntausende Andersdenkende wurden hingerichtet, die einheimische Kultur wurde zugunsten einer vermeintlichen Islamisierung zerstört, Frauen wurden zu Menschen zweiter Klasse degradiert, Kunst und Literatur einer rigorosen Zensur unterworfen.
Abgesehen vom zeitweiligen Aufbegehren Einzelner oder kleinerer Gruppen übte das Volk lange Geduld, dreißig Jahre lang. Doch nun hat der eklatante Betrug bei der Präsidentenwahl am 12. Juni das Fass zum Überlaufen gebracht. Millionen gingen auf die Straße und verlangten die Rückgabe ihrer gestohlenen Stimme. Da fiel den Machthabern die fromme Maske vom Gesicht. Das Regime entwickelte sich über Nacht zu einer Militärdiktatur schlimmster Sorte. Demonstranten wurden auf offener Straße niedergeschossen oder in Gefängnissen zu Tode gefoltert. Ehemals gestandene Männer des Gottesstaates, die jahrzehntelang das Land mitregiert und sich nun auf die Seite der Opposition begeben hatten, wurden in einem Schauprozess als Landesverräter und Kollaborateure ausländischer Geheimdienste auf die Anklagebank gesetzt. Sie legten selbstbezichtigende Geständnisse ab, die ohne jeden Zweifel durch Folter erzwungen wurden.
Wie legitim ist ein Regime, das sich als göttlich betrachtet, aber auf Millionen Gläubige knüppeln und schießen lässt, sie betrügt, ihnen verbietet, ihre Toten zu beweinen und Trauerfeiern zu veranstalten? Wer heute im Iran „alah o akbar“ (Gott ist mächtig) ruft, gilt als verdächtig. Beim wöchentlichen Freitagsgebet werden die Besucher scharf kontrolliert und Verdächtige abgewiesen. Geistliche, die sich zu den Vorgängen kritisch äußern, werden eingekerkert. Wie kann ein Regime angesichts dieses Zustands immer noch den Anspruch erheben, ein islamischer Staat zu sein?
Seit den Wahlen sind mehr als zwei Monate vergangen. Die täglichen Demonstrationen und Kundgebungen zeigen, dass selbst der Einsatz von massiver Gewalt und die zahlreichen Opfer den Widerstand der Bürgerinnen und Bürger nicht brechen konnten. Der Iran steht an einem Scheideweg zwischen einer klerikal verbrämten Militärdiktatur und einer demokratischen, weltoffenen Republik. Wie die Zukunft aussehen wird, ist nicht zuletzt von dem Ausmaß der Solidarität abhängig, die die
Weltöffentlichkeit mit dem iranischen Widerstand zeigt.

Appeal for a worldwide reading for Democracy and Freedom in Iran

The international literature festival in Berlin is appealing to cultural institutions, theatre, radio stations, and interested parties to participate in a worldwide reading of the Ayatollah Montazeri.s fatwa on the 16th of September. The aim of the coordinated events and campaigns will be to express unmistakable solidarity with the democratic opposition in Iran and to support the protests against the show trials and the imprisonment of democratic forces.
Thirty years ago the new leaders, who proclaimed themselves God.s representatives on Earth, promised justice, love and fraternity and help for the weak and underprivileged. All people would live in peace and prosperity. Iran was to become a model for other formerly oppressed states, a Paradise on Earth.
But the men of God had hardly seized power when they began liquidating a large section of the opposition, executing thousands of dissenters and destroying the indigenous culture in favour of so-called Islamisation, downgrading women as second-class citizens and subjecting art and literature to strict censorship.
With the exception of brief uprisings by individuals or small groups, the population remained patient for a long time – for thirty years. But now the scandalous manipulation of the Presidential elections of June 12th has proved too much to bear. Millions took to the streets to demand the return of their stolen votes. The pious mask slipped from the face of those in power: overnight the régime was transformed into the worst kind of military dictatorship.
Demonstrators were shot down in the streets or tortured to death in prison. Formerly solid establishment figures that had ruled for decades and were now on the side of the opposition were – in show trials – charged with high treason and collaboration with foreign intelligence agencies. They delivered self-denunciating confessions which were, without any shadow of doubt, forced from them through torture.
How much legitimacy can be claimed by a régime which sees itself as divine, yet continues to beat down and shoot millions of believers, cheat them, and forbid them to grieve for their dead or conduct funerals? Anyone who nowadays calls »Allah o akbar« (God is great) is a suspect. Those who attend Friday prayers are strictly controlled and suspicious people denied access to mosques: clerics who have expressed criticism of recent events are sent to jail. How can a régime that creates such conditions still claim to be an Islamic state?

Two months have passed since the elections. Daily demonstrations and declarations show that even the widespread use of violence and the victimisation of members of the resistance could not break the will of the people. Iran is at the crossroads between a clerically-gilded military dictatorship and a democratic, open republic. The shape of the future is dependent on the level of solidarity the world is willing to show for the opposition in Iran.
 
 
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Die Fatwa des Groß-Ayatollah Hossein-Ali Montaseri

Text aus dem Brief von Dr. Mohsen Kadivar:

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Allerbarmers.
Salam Alaykum!
Zum Jahrestag der Geburt Alis, des Herrn der Gottesfürchtigen, des Imams/Führers der Unterdrückten, des Vorbildes aller Gerechten, des Fürsten der Freiheitsliebenden – tausendfach gesegnet sei er –, übersende ich dem gottergebenen Gelehrten (dem Adressaten) meine herzlichen Glückwünsche. Wir begehen den gesegneten Feiertag zu einer Zeit, da, nach friedlichen Protesten gegen das von der iranischen Regierung verübte Unrecht, Dutzende ergebene Anhänger jenes Großen Imams (Ali) zu Märtyrern geworden, Hunderte verletzt und Tausende verhaftet worden sind. Wie traurig, dass all diese Verstöße gegen die legitimen Rechte des Volkes im Namen des Islam und des Schiitentums begangen wurden. „Wie traurig, dass sie den Namen Alis benutzen, doch auf den Pfaden Muawiyas wandeln.“
Von Ihnen habe ich gelernt, dass der beste Weg, gegen Tyrannei und Ungerechtigkeit anzugehen, die Verbreitung der Lehre des Koran, der Gebote des Propheten und der Aussprüche der Imame ist. Angesichts der gegenwärtigen Lage droht der letzte Funken der Hoffnung in den reinen Herzen unserer jungen Generation zu verlöschen, einer Generation, die unter der von ihrer Obrigkeit im Namen des Islam begangenen Grausamkeit leidet, die das Schiitentum nur noch als Aberglauben kennt, und deren Geist soviel Lügen, Falschheit und Verrat erfahren hat, dass er erschöpft und verletzt ist. Nun steht sie erwartungsvoll vor Ihrer Tür, der Tür der Hoffnung für das unterdrückte iranische Volk. Niemals wird sie vergessen, wie Sie stets mutig und mit aller Kraft und Entschlossenheit für die Wiedererlangung der geraubten Rechte des Volkes (...) gestritten haben.
Erweisen Sie nun diesem geringsten Ihrer Schüler die Gunst und beantworten Sie folgende Rechtsfragen, auf dass diese Finsternis zerrissen werde und ein Lichtstrahl (der Hoffnung) durchbreche. Es sind die Fragen, die das aufrechte und unterdrückte iranische Volk (heute) seinen religiösen Führern stellt.
Mohsen Kadivar,
14. Tir 1388 (6.Juli 2009)

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Antwort des Groß-Ayatollah Montazeri:

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Allerbarmers.
„Diejenigen, die Unrecht tun, werden erkennen, welche Wendung es mit ihnen nehmen wird.“
(Koran 26:227)
Zunächst möchte ich Ihren Gruß und Ihre Glückwünsche erwidern.
Eine ausführliche Behandlung Ihrer Fragen erfordert mehr Zeit, es folgen aber einige allgemeine Bemerkungen dazu:
Frage 1
Um ein Amt bekleiden zu dürfen, dem gegenüber die Menschen vom Gesetz her zu Gehorsam verpflichtet sind, muss man gewisse Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören Gerechtigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Führungsfähigkeiten sowie die Unterstützung durch die Mehrheit des Volkes. Wenn nun eine dieser Voraussetzungen nicht länger erfüllt wird, und die Allgemeinheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (an den Amtsinhabern) wiederholt Eigenschaften erkennt, die den genannten entgegenstehen, wie ist dies zu beurteilen?
Antwort zu Frage 1
Sobald eine der in der Frage genannten Voraussetzungen nicht länger erfüllt wird, (...) führt dies zwangsläufig und unmittelbar zum Verlust der Autorität, und die (von jener Instanz) erlassenen Befehle besitzen keine Verbindlichkeit mehr – unabhängig davon, ob eine Absetzung (der Amtsträger) bereits erfolgt ist, oder nicht. (...) Die Unterstützung durch die Mehrheit ist eine Voraussetzung für die Legitimität von Autorität und Führerschaft. Der Verlust dieser Unterstützung bedeutet, dass für einen solchen Amtsträger (...) nicht länger die Unschuldsvermutung gilt. Vielmehr muss er das Volk zufrieden stellen, indem er verlässliche Beweise und vernünftige Argumente dafür erbringt, dass er der Religion und dem Gesetz nicht zuwider handelt, dass er die Rechte der Menschen wahrt, und dass er nach wie vor die Loyalität der Mehrheit genießt. In Bezug auf die strittigen Fragen muss er seine Behauptung vor einer freien, gerechten und von der Obrigkeit völlig unabhängigen Instanz unter Beweis stellen. Weder die Religion noch die Vernunft können das Urteil einer Instanz anerkennen, die seinem Einfluss untersteht oder ihm zugehört.
Frage 2
Welche Pflicht besteht der Scharia zufolge im Umgang mit Amtsträgern, die – aller „Ermahnung zum Guten und Warnung vor dem Schlechten“ seitens wohlmeinender Ratgeber zum Trotz – fortwährend gegen die Gebote der Religion verstoßen?
Antwort zu Frage 2
Wie bereits gesagt: (...) Sie dürfen ihr Amt nicht länger ausüben. Sofern sie jedoch mit Gewalt und Betrug versuchen, sich an der Macht zu halten, müssen die Menschen deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihre Legitimität nicht anerkennen. Sie müssen deren Absetzung auf (...) diejenige Art und Weise betreiben, die am effektivsten ist und so wenig Opfer wie möglich fordert. Dies ist eine allgemeine Pflicht, der alle Menschen, unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Position, und entsprechend ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten, unterliegen, und der sich niemand mit einem Vorwand entziehen darf.
Ganz besonders aber sind die Gebildeten gefordert. (...) Sie müssen sich einigen, Parteien und Organisationen gründen sowie private und öffentliche Versammlungen abhalten, um so ihre Mitmenschen aufzuklären und ihnen den Weg aufzuzeigen. Einer der letzten Ratschläge des „Gebieters der Gläubigen“ (Ali) lautete: „Lasst nicht davon ab, das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verbieten. Sonst werden die Verderbtesten unter euch über euch herrschen. (...)“
Frage 3
Wenn (die Amtsträger) eine der folgenden schweren Sünden begehen und darin verharren, kann dies als Beweis dafür gelten, dass sie nicht länger die „Herrschaft der Gerechtigkeit“ üben, sondern stattdessen die der „Tyrannei“ (d.h. ihre Legitimation verlieren)?
a) Der Befehl, Unschuldige zu töten
b) der Befehl, (...) Unschuldige auf der Straße mit Waffen und brutaler Gewalt einzuschüchtern und zu terrorisieren
c) das gewaltsame Behindern der Menschen bei der Ausübung ihrer religiösen Pflicht, das „Gute zu gebieten und das Schlechte zu verbieten“, indem sämtliche Wege des friedlichen Protests unterbunden werden
d) Freiheitsberaubung (...) und das Erpressen falscher Geständnisse
e) die Verleumdung derer, die durch Proteste Gerechtigkeit erwirken wollen, als „ausländische Spione und Söldner“
f) Lüge, falsches Zeugnis und Verbreitung von Unwahrheiten in Bezug auf die Rechte der Menschen
g) Verrat am Vertrauen der Allgemeinheit
h) Missachtung der Wahl und der Ermahnungen wohlmeinender Ratgeber und Gelehrter
i) das Behindern der Menschen, über ihr rechtmäßiges Eigentum zu verfügen, nämlich die Zukunft der Nation
j) Schädigung des Islams, indem der Welt ein besonders grausames, irrationales, aggressives, abergläubisches und tyrannisches Bild dieser Religion und insbesondere des Schiitentums vermittelt wird
Antwort zu Frage 3
Alle oder einige der genannten Sünden zu begehen und darin zu verharren, ist eines der deutlichsten und unzweifelhaftesten Merkmale von Tyrannei und Ungerechtigkeit. Wenn nicht diese, welche Merkmale sollten der Allgemeinheit dann als unzweifelhafter Beleg für Verderbtheit und Ungerechtigkeit (der Herrschenden) dienen?
Es ist auch offensichtlich, dass jedes Verbrechen – insbesondere eines wie die oben genannten – wenn es im Namen der Religion, der Gerechtigkeit oder des Gesetzes geschieht, zweifachen Schaden anrichtet, und als noch größeres Unrecht zu werten ist. Demzufolge zieht es eine höhere diesseitige und jenseitige Strafe nach sich (als wenn es nicht im Namen der Religion begangen wird). Denn solchen Sünden haftet zusätzlich zu ihrem ihnen eigenen Übel auch noch das der Täuschung sowie das der Schädigung des Ansehens der Religion, der Gerechtigkeit und des Gesetzes an.
In Fällen, wo die Amtsträger ihr Vorgehen für gerecht und legal halten, eine große Menge des Volkes aber das Gegenteil glaubt, ist der Beurteilung durch gerechte, unparteiische und von beiden Seiten anerkannte Richter zu folgen.
Frage 4
Darf man sich auf das Prinzip „Der Erhalt des Systems ist die höchste Pflicht“ berufen, um gegen die legitimen Rechte des Volkes zu verstoßen und zahlreiche moralische Grundsätze und klare religiöse Gebote, wie etwa Wahrhaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit, mit Füßen zu treten? (...) Wenn ein Amtsträger seine persönlichen Interessen mit dem Erhalt des Systems verwechselt und auf dieser Fehleinschätzung beharrt, welche religiöse Pflicht ergibt sich daraus für die Gläubigen?
Antwort zu Frage 4
Das System hat keinen Wert an sich, und sein Erhalt ist keine unbedingte Pflicht, insbesondere dann, wenn mit „System“ eine Person gemeint ist. Die zitierte Aussage bezieht sich auf ein System, das zur Gerechtigkeit beiträgt und den Rahmen für die Verwirklichung religiöser und rationaler Gebote schafft. (...) Außerdem ist es offensichtlich, dass ein islamisches System nicht mit Tyrannei und mit Maßnahmen gerettet oder gestärkt werden kann, die im Widerspruch zum Islam stehen. Denn der Grund, warum überhaupt ein System benötigt wird, ist die Schaffung eines Rahmens, in dem Gerechtigkeit und die Rechte (der Menschen), oder kurz gesagt: die islamischen Gebote, gewährleistet sind. Wie soll es da vorstellbar sein, dass mit Gewalt, Ungerechtigkeit und unislamischem Verhalten eine gerechte und islamische Ordnung aufrechterhalten oder gestärkt wird?
Eine Obrigkeit, die auf Knüppeln und Keulen, auf Ungerechtigkeit und Rechtsverletzungen basiert, die sich der Wahlstimmen bemächtigt und diese manipuliert, die mordet, verhaftet und wie im Mittelalter und mit stalinistischen Methoden foltert, die ein Klima der Unterdrückung schafft, Zeitungen zensiert, Kommunikationswege stört, die gebildete Elite der Gesellschaft unter absurden Vorwänden inhaftiert und falsche Geständnisse erpresst, eine solche Obrigkeit ist aus religiöser Sicht und in den Augen eines jeden Vernünftigen zu verurteilen und besitzt keinen Wert. (...) Das aufrechte Volk des Iran weiß sehr wohl, wie es um solche gefälschten Geständnisse und Fernsehinterviews, wie man sie aus der Geschichte faschistischer und kommunistischer Staaten kennt, bestellt ist: (Die Verantwortlichen) haben sie von seinen gefesselten Kindern unter Folter und Drohung erpresst, nur um das eigene Unrecht zu verschleiern und den Charakter der friedlichen und legalen Proteste falsch darzustellen.
Die Verantwortlichen sollen wissen, dass jeder, der an solchen gefälschten Geständnissen und Interviews beteiligt ist, eine Sünde und ein Verbrechen begeht, und dass das religiöse wie das weltliche Gesetz eine Strafe dafür vorsehen. Das Land gehört dem Volk, nicht irgend jemandem. Das Volk trifft die Entscheidung, die Amtsträger haben im Dienste des Volkes zu stehen. Das Volk muss die Möglichkeit haben, sich frei zu versammeln und sein Recht in schriftlicher und mündlicher Form zu verteidigen. Der Schah hat erst dann (verkündet, er habe) „den Ruf der Revolution des Volkes vernommen“, als es schon zu spät war. (im November 1978) Es bleibt zu hoffen, dass die gegenwärtigen Amtsträger es nicht so weit kommen lassen. (...)
Frage 5
Welches sind die Belege dafür, dass eine „tyrannische (und damit illegitime) Herrschaft gegeben ist? Und wenn sie als solche erkannt wird, wie haben dann die ehrenwerten Religionsgelehrten und die Gläubigen in ihrer Gesamtheit zu reagieren?
Antwort zu Frage 5
(...) Die Ungerechtigkeit ihrer Herrschenden wird von einer Gesellschaft deutlich wahrgenommen. Und jeder Mensch hat angesichts von Tyrannei und Unterdrückung, seinen Fähigkeiten und seinem Wissen entsprechend, eine Verantwortung. (...) Es ist nicht denkbar, dass jemand nach Gerechtigkeit verlangt, jedoch nichts unternimmt, um ihr Geltung zu verschaffen; dass er etwa Angst hat, zögert und die Dinge vor sich herschiebt, oder sich und andere mit der eigenen Ohnmacht herausredet. Angst vor einem Geschöpf zu haben, bedeutet Gott etwas zur Seite zu stellen (Götzendienst). Zu zögern oder Ausflüchte zu suchen, bedeutet (vom geraden Pfad) abzuirren und andere in die Irre zu führen. Das Leben der heiligen Imame bestand im Einsatz für gesellschaftliche Gerechtigkeit. Hätten sie sich ausschließlich mit den religiösen Pflichten des Einzelnen befasst, wäre ihnen nicht so viel Unrecht widerfahren. (...)
Gott hat mit den Gelehrten, insbesondere mit den Religionsgelehrten einen festen Bund geschlossen, dass sie niemals in Angesicht von Tyrannei schweigen dürfen. „Gott verlangt von den Gelehrten, dass sie niemals Ruhe geben, solange ein Tyrann satt ist und ein Unterdrückter hungert.“ Diese Pflicht zu erfüllen, bringt großen Lohn, fordert aber auch einen hohen Preis.
„Wähnen die Menschen etwa, sie würden alleingelassen, wenn sie bloß sagen: »Wir glauben«, und nicht geprüft werden? Wir haben schon die Früheren geprüft. Gott kennt wahrlich die Aufrichtigen, und Er kennt die Lügner.“ (Koran 29:2-3)
„Durch den Wunsch allein wird es sich nicht richten, das bloße Begehren reicht nicht aus, auf diesem Pfad muss Blut vergossen und viel Schmerz erlitten werden.“
So Gott will, werden Sie Erfolg haben.
17. Radjab 1430 – 19. Tir 1388 (9. Juli 2009)
Hossein-Ali Montazeri – In der Heiligen Stadt Qom
(Übersetzung aus dem Persischen: Armin Eschraghi)
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Legal rulings of Grand Ayatollah Montazeri on the political legitimacy of the Islamic Republic of Iran

Text of the letter by Dr. Mohsen Kadivar

In the Name of God the Most Merciful
To the auspicious audience of theologian and jurist, our most erudite and courageous master, the Grand Ayatollah Montazeri, may his presence endure
Peace be upon you.
I congratulate and offer my good wishes on the occasion of the birthday of Imam Ali (Peace be upon him), commander of the devout, guide of the oppressed, and the superlative leader of those who seek justice and freedom. We celebrate this holiday at a time when dozens of your eminence.s followers have perished, hundreds are wounded and thousands more have been imprisoned for daring to peacefully protest the trampling of their rights by the Iranian government. It is cause for sorrow that this assault on people.s rights has been waged in the name of Islam and Shiite beliefs. Grievously have the wicked flown the green banner of Ali while treading on the black path of Muawiah.
I have been instructed by your eminence that transmitting the wisdom of the Quran and the teachings of our Prophet and his household is the surest way of fighting injustice and oppression at all times. Now, this modest student of yours is constrained by the necessities of the times to seek your guidance in keeping the dim flame of hope alive in the innocent hearts of a young generation. This generation has been treated with utmost cruelty in the name of Islam. It has been offered superstition in the name of Shiite beliefs and its soul has been wounded and weakened by lies, dishonesty and betrayal. Now this generation is at your door which is beacon of hope for the oppressed people of Iran. This generation shall never forget your courageous defense of the plundered rights of the people in 1997 that culminated in more than five years of house arrest for your eminence. Now, I hope that your eminence honors this humble student by offering your legal rulings on the following questions, thus piercing the darkness of this dungeon. These are indeed questions that the long suffering but proud people of Iran ask their religious leaders.
I take this opportunity to express my gratitude that you will spend your precious time to prevent the “justice-oriented” Shiite jurisprudence (fegh`h) from sliding into the depths of the “security-oriented” apologetics of oppression which have been the hallmark of the “Ash`ari” school. This is a favor you extend to the pious believers who thirst for truth. I thank you from the bottom of my heart and hope you may remember this humble and cast away student in your prayers.
May your exulted honor be ever lasting
Mohsen Kadivar,
July 6th, 2009

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Text of Grand-Ayatollah Montazeri's Response:

In the Name of God, the Most Merciful
“And soon shall those who commit injustice learn how the twisters are twisted” (Quran 26:227)
Prominent Sir, Hujjat ul-Islam wal-Muslimin, Dr. Mohsen Kadivar, may his effusions be everlasting,
I greet you and reciprocate your good wishes. Noting that a detailed answer to your questions requires a more expansive occasion I will nevertheless briefly point to a few answers.
First Question:
Since, according to binding law – namely, conditions implicit in the contract of employment of public servants – occupying certain positions are contingent upon such necessary qualities as justice, honesty, competence and popular electoral support. What is the ruling on those who continue to occupy such public offices after they have repeatedly failed to uphold the conditions of their employment and obtained qualities contrary (to those necessary for their office) leading to near complete certainty (that they have forfeited the right to occupy those public offices)?
Answer to the First Question:
Voiding any of the said conditions (for the occupation of public office) mentioned above, (conditions that) according to both reason and religious law are of the essence of the aptness and legitimacy of the principle of management and administration of public affairs, shall necessarily constitute the automatic dismissal (of the occupying individual) without the need to take further action (by the people). Under such conditions the directives of the administration will not be authoritative.
But voiding conditions that according to reason and religious law are not of the essence of discharging managerial and administrative duties, but which nevertheless have been agreed upon by the parties, will give the choice to the people to dismiss their managers and administrators. In this case, people can, if they so wish, dismiss the occupant from public office as a result of his violations of the agreed upon conditions.
However, voiding conditions of justice, honesty or obtaining and maintaining the popular electoral support, are among the (former) conditions that are of essence to the administration of public affairs. Voiding of these (essential) conditions therefore will lead to the suspension of the principles of “Assuming the Best” (al-haml-u „ala al-sehhah) and “Innocent until Proven Guilty” (asalat-ol bara.at) in cases related to the discharging of public duties.
The burden of presenting reliable and reasonable proof that religious or civil law have not been violated in discharging public duties, that rights of people have not been violated and that the occupier still deserves the public trust rests on the occupier. (People need not prove his misdeeds, rather) it is his duty to persuade the people (that he has not violated the conditions of his employment.) If there is a disagreement in such a case, the occupier ought to defend himself in front of a free, fair and impartial judge. According to reason and religious law, the judgment of an organization that is dependent on him will not be authoritative.
Second Question:
What is the religious obligation of people vis-à-vis such occupiers (of public office) who despite repeated “enjoining to righteousness and dissuading from evil” administered to them by people of good faith, nevertheless persist on their actions in violation of religious law?
Answer to the Second Question:
As stated above, the occupiers who have, based on reason and religious law, forfeited their managerial and administrative positions are automatically released of their duties. The continued occupation of their jobs has no legitimacy whatsoever. If they persist on remaining at their positions by force or by deception, people must ascertain their lack of legitimacy and demand their dismissal in the least costly and most expedient way while observing the axiom of “the easiest and most beneficial path.” It is self evident that this is a general duty that applies to everyone regardless of social position. No excuses may be adduced to shirk this responsibility.
Of course, elites who are more familiar with civil and religious law are capable and possess an authoritative voice, bear more responsibility. They must unite and cooperate in order to spread the information and devise solutions by founding parties, organizations and private as well as public gatherings. Imam Ali, our leader, stated in his last will and testament: “Do not abandon the principle of “enjoining to righteousness and dissuading from evil” for then the worst among you will dominate you and your prayers will not be heard.” The domination and control of the wicked is the natural result of abandoning the principle of “enjoining to righteousness and dissuading from evil” because the wicked abuse all opportunities (in order to consolidate their dominion.)
Third Question:
Do perpetrating and persisting on cardinal sins, detailed below, void the principle of “disposition to justice” (necessary for those in positions of political authority) and engender the (opposite) principle of “disposition to injustice”?
1. Ordering and causing the murder of innocent individuals.
2. Causing armed intimidation and terrorizing, as well as striking and injuring of innocent people in public venues.
3. Forcefully preventing the exercise of the religious obligation to preach good deeds and avoid sins by blocking all rational and legitimate channels of peaceful protest.
4. Abolition of liberty, incarceration of the “enjoiners to righteousness and dissuaders from evil”; and exertion of pressure on those individuals in order to extract false confessions from them.
5. Preventing the circulation of information and censorship of the news, which is the prerequisite for exercising the two religious obligations “enjoining to righteousness and dissuading from evil” and “exhorting the leaders of the Muslim community”.
6. Defamating dissidents and justice-seekers on the grounds that “he whoever disagrees with the government is a mercenary of the foreigners and a spy of the alien powers.”
7. Fraudulence, bearing of false witness, and untruthful reporting in matters related to public rights.
8. Betraying the nation's trust.
9. Tyranny of opinion and ignoring the people.s votes and the admonitions of the knowledgeable.
10. Preventing the exercise of the collective, religiously sanctioned right of the people, to determine their nation.s destiny.
11. Demeaning Islam and debasing the (Shiite) religion through presentation of a violent, unreasonable, aggressive, superstitious, and tyrannical portrait of Islam and the Shiite religion to the world.
Answer to the Third Question:
Perpetrating all the above-mentioned sins or persisting on some of them constitute the most telling and salient evidence of the lack of “the disposition to justice.” Such actions are the embodiment of open inequality and injustice. Truly, if such sins would not constitute the corruption and clear violation of justice in public eye, then which ones would!?
It is evident that if any kind of sin, particularly of those listed above, is perpetrated within the framework and in the name of religion, justice, and law; it will have ramifications beyond the sin itself as it involves the additional sins of deception and tainting the countenance of religion, justice, and law.
In cases where certain affairs seem to be just and legitimate from the point of view of the rulers, yet illegitimate, corrupt, and tantamount to injustice and loss of rights from the point of view of the people, then an appeal to the judgment of just, neutral, and mutually agreeable arbiters must be the criteria (to decide who is right).
Fourth Question:
Can the appeal to phrases such as: “protection of the regime is among the most incumbent of the necessities” justify the violation of people.s legitimate rights and trampling of numerous moral and religious standards such as sincerity and honesty? Can one, under the pretext of “the expedient interest of the regime” lay aside the authentic principle of “justice” – that has been the distinguishing attribute of the political jurisprudence of Shiite Islam throughout history? What is the religious duty of the faithful if some governments would have mistakenly replaced their own personal interests for those of the regime and continue to persist in their error?
Answer to the Fourth Question:
Protection of the regime, in itself, is neither essential nor, per se, obligatory; particularly when the regime becomes equal to a person. When one speaks of a regime whose protection is among “the most incumbent of the necessities”, only a regime can be meant, which is preparatory and instrumental to the upholding of a just society in which the religious and reasonable duties of the people can be carried out. The necessity of the protection of such a regime is of the “contingent” variety, (that is the necessity is contingent on its discharging of its proper functions.) With this in mind, resorting to the phrase: “protection of the regime is among the most incumbent of the necessities” in order to justify and conceal the operations of the administrators and their functionaries who pretend to render justice on behalf of others, is not allowed because it emphasizes the general principle while what is at doubt is its instantiation (al-tamassok bel-„amm fe-shobhat el-mesdaghiyah). It prejudges the case and reaches a self-serving conclusion without exposing the premises to examination. If offering such an argument is the result of ignorance, then it should be corrected by “enjoining to righteousness and dissuading from evil.”
But it must be self evident that one cannot protect or fortify the Islamic Regime with unjust and un-Islamic acts, as the very need for an (Islamic) regime is based on the necessity of rendering justice and protecting rights, or, in brief, the implementation of Islamic principles. How is it imaginable that through injustice and un-Islamic acts, a just Islamic regime would be secured and strengthened?
A political system based on club wielding, injustice, violation of rights, usurpation and adulteration of votes, murder, subjugation, incarceration, medieval and Stalinist tortures, repression, censorship of newspapers and means of communication, imprisonment of the thinkers and elites of the society on trumped up charges, and extraction of untrue confessions – especially when these are extracted under duress – is condemned and unworthy before (the tribunal of) religion, reason, and the world.s wise observers.
Based on the teachings of the Prophet and his descendants (peace be upon them) confessions in prison do not have one iota of legal or religious value and cannot become a basis for a verdict. (Wasa.el al-Shiieh, the chapter on admissions, section 4; also, the sections on the punishment for theft, section 7.)
The discriminated people of Iran are also fully aware of the nature of such confessions, the examples of which can be found in the history of Communist and Fascist regimes. The nation of Iran realizes that such confessions and false show trail interviews are extracted from their captive sons through force, torture and threats, in order to conceal the regime.s own wrongdoings, and with the intention of besmirching and degrading the people.s peaceful and legal protests.
Those involved in such plots must realize that the managers, operators, and agents of the extraction and broadcasting of such false confessions and interviews are religiously errant and legally liable. The country belongs to the people not to you and me. The decision belongs to the people. (Political) administrators and managers are people.s servants. People must be free to assemble and defend their rights through oral and written means.
The Shah of Iran heard the voice of the revolution when it was too late. It is hoped that those in charge of Iran.s affairs will not wait that long, that they will show flexibility in the face of the demands of the nation. It is advisable to stop the loss as soon as possible.
Fifth Question:
What are the religious clues for ascertaining that the condition for “tyrannical mandate” has been obtained; and what is the duty of the learned Ulema, (may God exult their word) and (what are) the obligations of the public upon its (tyrannical mandate.s) advent?
Answer to the Fifth Question:
Tyranny means deliberate opposition to the commandments of religion, the principles of reason, and the covenants of the people, as embodied in laws. He who is in charge of the affairs of the people and opposes these principles would be a tyrant and his mandate would be, likewise, tyrannical.
The obligation to determine such a condition lies, in the first place, with the educated elites of the society, those who are knowledgeable in religion and independent from the rulers. Similarly, it is incumbent upon the society.s thinkers, legal scholars, and experts who are familiar both with the principles of reason and law and the procedures of establishing the deliberate opposition (of the above mentioned government officials to the will of the people) to adduce solid and ascertainable evidence (of such misdeeds.) The said elites will be able to perform this duty only if they are free and independent all government influence and political and factional considerations.
Secondarily, it is incumbent upon the public within the radius of their own awareness of the commandments and laws and with the help of their religious and rational resources to remain in direct contact with the religious, cultural, economic, and political realities, and be aware of the deliberate opposition of the rulers to religion and law.
Finally, to summarize, justice or injustice of the rulers is a palpable reality in the society and its ramifications are evident. This face is not covered behind a mask. Everyone, within his or her capacity to understand and act has a responsibility to resist instances of injustice and corrosion of people.s rights; and must alert others as well. (The spreading of awareness shall be done) so they too can engage in “enjoining to righteousness and dissuading from evil” and strive toward offering a solution.
Indeed it is not conceivable that a justice-seeking person would be unwilling to walk on the path of justice or that he would be fearful, or occupy him/herself or others with delusions and procrastinations under the pretext that s/he is powerless to effect change. Fearing those created by God is tantamount to taking partners with the God; and engaging in self delusions and procrastination is embracing darkness and casting others unto it.
It has been the tradition of the infallible Imams (peace be upon them) to struggle on the path of social justice. If they only occupied themselves with private religious matters, then why would they be subject to so much oppression, violations, incarceration, surveillance and, ultimately, martyrdom?
God has taken a solid oath from the knowledgeable, particularly the knowledgeable in religion, not to remain silent in the face of injustice: “God has obligated the knowledgeable in religion not to tolerate the rule of the tyrant or the hunger of the oppressed” (Nahjul Balagha, third sermon).
Obviously, upholding this covenant has great rewards just as it has great costs: “Do people reckon that they will be left to say „We believe,. and (that they) will not be tried? We certainly tried those that were before them, and assuredly God knows those who speak truly, and assuredly He knows the liars”. (the Quran, Chapter of Spider (29), verses 2, 3).
“It won.t straighten by a whim; it won.t materialize by a wish, this is a path of long and grave suffering”
May God grant you success,
17th of the month of Rajab, 1430, 19th of the month of Tir, 1388 (July 10, 2009)
The holy city of Qum
Hossein-Ali Montazeri
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Source:
http://www.kadivar.com/Index.asp?DocId#33&AC=1&AF=1&ASB=1&AGM=1&AL=1&DT=dtv
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