♫ Prosit 2009

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

♫ Franz Schubert: Die junge Nonne

Franz Schubert, Die junge Nonne, D. 828 (1825)
Text: Jakob Nikolaus de Jachelutta Craigher (1797-1855)


Gundula Janowitz, Sopran; Irwin Gage, Piano

Wie braust durch die Wipfel der heulende Sturm!
Es klirren die Balken, es zittert das Haus!
Es rollet der Donner, es leuchtet der Blitz,
Und finster die Nacht, wie das Grab!
Immerhin, immerhin, so tobt' es auch jüngst noch in mir!
Es brauste das Leben, wie jetzo der Sturm,
Es bebten die Glieder, wie jetzo das Haus,
Es flammte die Liebe, wie jetzo der Blitz,
Und finster die Brust, wie das Grab.
Nun tobe, du wilder gewalt'ger Sturm,
Im Herzen ist Friede, im Herzen ist Ruh,
Des Bräutigams harret die liebende Braut,
Gereinigt in prüfender Glut,
Der ewigen Liebe getraut.
Ich harre, mein Heiland! mit sehnendem Blick!
Komm, himmlischer Bräutigam, hole die Braut,
Erlöse die Seele von irdischer Haft.
Horch, friedlich ertönet das Glöcklein vom Turm!
Es lockt mich das süße Getön
Allmächtig zu ewigen Höhn.
Alleluja!


Gundula Janowitz'[*1937] Stimme zeichnete sich durch einen sehr hellen, reinen, tremolofreien Ton mit geringem Vibrato und gleichmäßiger Atemtechnik aus und behielt ihren jugendlichen Klang und ihre Frische bis ins reifere Alter. Wie ihre vom Timbre her ähnlichen Vorgängerinnen Elisabeth Grümmer und Maria Stader und ihre Altersgenossin Elizabeth Harwood beherrschte sie vor allen Dingen das hohe und mittlere Register und den lyrisch-pathetischen Ausdruck.

Gundula Janowitz – Wikipedia

Dostojewski: Der Großinquisitor (Die Brüder Karamasow)

Aus: Fjodr Michailowitsch Dostojewski: Die Brüder Karamasow. Fünftes Buch. 5. Der Großinquisitor

Die Menschen erwarteten Ihn, liebten Ihn, hofften auf Ihn wie ehemals. So viele Jahrhunderte hatte die Menschheit in leidenschaftlichem Glauben gefleht: ›Herr Gott, erscheine uns!‹ So viele Jahrhunderte hatten sie nach Ihm gerufen, daß es Ihn in seinem unermeßlichen Erbarmen verlangte, zu den Betenden hinabzusteigen. War Er doch auch schon früher manchmal hinabgestiegen und hatte einzelne Gerechte, Märtyrer und fromme Eremiten auf Erden besucht, wie in ihren Lebensbeschreibungen zu lesen steht.

[…]

Und so ist es auch tatsächlich geschehen, das sage ich dir. Also es verlangte Ihn, sich dem Volk zu zeigen, wenn auch nur für ganz kurze Zeit, dem leidenden, schwer sündigenden, aber Ihn doch kindlich liebenden Volk. Die Handlung spielt bei mir in Spanien, in Sevilla, in der furchtbarsten Zeit der Inquisition, als zum Ruhme Gottes täglich die Scheiterhaufen loderten.

[…]

Es war dies freilich nicht jenes Herniedersteigen, bei dem Er gemäß seiner Verheißung am Ende der Zeiten in all seiner himmlischen Herrlichkeit erscheinen wird und welches plötzlich stattfinden soll, ›wie der Blitz scheinet vom Aufgang bis zum Niedergang‹. Nein, es verlangte Ihn, wenn auch nur für sehr kurze Zeit, seine Kinder zu besuchen, und zwar vor allem dort, wo gerade die Scheiterhaufen der Ketzer prasselten.

[…]

Er steigt hinab auf die heißen Straßen und Plätze der südlichen Stadt, wo erst tags zuvor in Gegenwart des Königs, des Hofes, der Ritter, der Kardinäle und der reizendsten Damen des Hofes sowie der ganzen zahlreichen Einwohnerschaft von Sevilla auf Geheiß des Kardinal-Großinquisitors in einem Zug fast hundert Ketzer ad majorem gloriam Dei zur höheren Ehre Gottes verbrannt worden sind. Er erscheint still und unauffällig, und siehe da, es geschieht etwas Seltsames. Alle erkennen Ihn. Und woran sie Ihn erkennen – das könnte eine der besten Stellen meiner Dichtung sein. Die Volksmenge strebt mit unwiderstehlicher Gewalt zu Ihm hin, umringt Ihn, folgt Ihm. Schweigend, mit einem stillen Lächeln unendlichen Mitleids, wandelt Er unter ihnen. Die Sonne der Liebe brennt in seinem Herzen, Strahlen von Licht, Aufklärung und Kraft gehen von seinen Augen aus, ergießen sich auf die Menschen und erschüttern ihre Herzen in Gegenliebe. Er streckt die Hände nach ihnen aus und segnet sie, und von seiner Berührung, ja sogar von der Berührung seines Gewandes geht eine heilende Kraft aus. Da ruft aus der Menge ein Greis, der von seiner Kindheit an blind ist: ›Herr, heile mich, damit auch ich dich schaue!‹ Und siehe da, es fällt ihm wie Schuppen von den Augen, und der Blinde sieht Ihn. Das Volk weint und küßt die Erde, über die Er dahinschreitet. Die Kinder streuen vor Ihm Blumen auf den Weg, singen und rufen ›Hosianna! Das ist Er, das ist Er selbst! Das muß Er sein, niemand anders!‹ Er bleibt am Portal des Domes von Sevilla stehen, gerade in dem Augenblick, wo ein offener weißer Kindersarg unter Weinen und Wehklagen hineingetragen wird; darin liegt ein siebenjähriges Mädchen, die einzige Tochter eines angesehenen Bürgers. Das tote Kind ist ganz in Blumen gebettet. ›Er wird dein Kind auferwecken‹, ruft man der weinenden Mutter aus der Menge zu. Ein Pater des Doms, der herauskommt, um den Sarg in Empfang zu nehmen, macht ein erstauntes Gesicht und zieht die Augenbrauen zusammen. Aber da ertönt das laute Schluchzen der Mutter des gestorbenen Kindes. Sie wirft sich Ihm zu Füßen. ›Wenn du es bist, so erwecke mein Kind!‹ ruft sie und streckt Ihm die Hände entgegen. Der Zug bleibt stehen, der Sarg wird am Portal zu seinen Füßen niedergestellt. Er blickt voll Mitleid auf die kleine Leiche, und seine Lippen sprechen wiederum die Worte: ›Talitha, kumi – Mägdlein, stehe auf!‹ Das Mädchen erhebt sich im Sarg, setzt sich auf und schaut lächelnd mit erstaunten, weitgeöffneten Augen um sich. In den Händen hält es den Strauß weiße Rosen, mit dem es im Sarg gelegen hat. Das Volk ist starr vor Staunen, schreit und schluchzt – und siehe da, genau in diesem Augenblick geht plötzlich der Kardinal-Großinquisitor selbst über den Platz vor dem Dom.

[…]

Ihm folgen in einiger Entfernung seine finsteren Gehilfen und Knechte und die ›heilige‹ Wache. Er bleibt vor der Menge stehen und beobachtet von fern, sieht alles: wie man Ihm den Sarg vor die Füße stellt, wie das Mädchen aufersteht. Und sein Gesicht verfinstert sich. Er zieht die dichten grauen Brauen zusammen, und ein böses Feuer funkelt in seinem Blick. Er streckt einen Finger aus und befiehlt der Wache, Ihn zu ergreifen. Und seine Macht ist so groß, das Volk ist so an Unterwürfigkeit, an den blinden, furchtsamen Gehorsam ihm gegenüber gewöhnt, daß die Menge vor den Wächtern sofort auseinanderweicht und diese in plötzlicher Grabesstille Hand an Ihn legen und Ihn fortführen können. Und augenblicklich neigt sich die Menge wie ein Mann zur Erde vor dem greisen Inquisitor, der erteilt dem Volk schweigend den Segen und geht weiter. Die Wache führt den Gefangenen in ein enges, finsteres, gewölbtes Verlies in dem alten Gebäude des Heiligen Tribunals und schließt Ihn dort ein. Der Tag vergeht, die dunkle, heiße, reglose Nacht von Sevilla bricht an. Die Luft ist voll vom Duft ›nach Lorbeer und Zitronen‹. In der tiefen Dunkelheit öffnet sich plötzlich die eiserne Tür des Kerkers, und der greise Großinquisitor selbst tritt mit einem Leuchter in der Hand ein. Er ist allein, hinter ihm schließt sich sogleich wieder die Tür. Er bleibt am Eingang stehen und blickt Ihn lange, ein oder zwei Minuten, an. Endlich tritt er leise näher, stellt den Leuchter auf den Tisch und sagt zu Ihm: ›Bist du es? Ja!‹ Doch ohne eine Antwort abzuwarten, fügt er schnell hinzu: ›Antworte nicht, schweig! Was solltest du auch sagen? Ich weiß genau, was du sagen willst. Und du hast gar kein Recht, dem etwas hinzuzufügen, was du früher schon gesagt hast. Warum bist du gekommen, uns zu stören? Denn du bist gekommen, uns zu stören, du weißt das selbst. Aber weißt du auch, was morgen geschehen wird? Ich bin nicht informiert, wer du bist, und es interessiert mich auch gar nicht, ob du Er selbst bist oder nur eine Kopie von Ihm. Schon morgen jedoch werde ich dich verurteilen und als den schlimmsten aller Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrennen, und dasselbe Volk, das heute deine Füße geküßt hat, wird morgen auf einen Wink meiner Hand herbeistürzen und Kohlen für deinen Scheiterhaufen heranschaffen. Weißt du das? Ja, du weißt es vielleicht‹, fügt er ernst und nachdenklich hinzu, ohne auch nur einen Moment den Blick von seinem Gefangenen abzuwenden.

[…]

Der Greis selbst bedeutet Ihm, daß Er gar kein Recht habe, dem etwas hinzuzufügen, was Er früher schon gesagt hat. Darin liegt vielleicht der eigentliche Grundzug des römischen Katholizismus – zumindest ist das meine Meinung. ›Du hast alles an den Papst übertragen‹, sagen sie. ›Folglich ist das jetzt alles Sache des Papstes. Und du komm jetzt nicht, störe wenigstens nicht vor der Zeit!‹ In diesem Sinne reden sie nicht nur, sondern schreiben auch so, zumindest die Jesuiten. Das habe ich selbst bei ihren Theologen gelesen. ›Hast du das Recht, uns auch nur eines der Geheimnisse jener Welt aufzudecken, aus der du gekommen bist?‹ fragt Ihn der Greis und antwortet selbst für Ihn: ›Nein, ein solches Recht hast du nicht! Du darfst dem, was du früher schon gesagt hast, nichts hinzufügen, und du darfst den Menschen nicht die Freiheit nehmen, für die du so warm eingetreten bist, als du auf Erden warst. Alles, was du neu verkünden könntest, würde die Glaubensfreiheit der Menschen beeinträchtigen, da es wie ein Wunder erscheinen würde. Und die Freiheit ihres Glaubens war dir doch damals, vor anderthalb Jahrtausenden, über alles teuer. Hast du nicht damals oft gesagt: Ich will euch frei machen? Jetzt hast du diese ›freien‹ Menschen gesehen!‹ fügt der Greis plötzlich mit einem nachdenklichen Lächeln hinzu. ›Ja, dieses Werk hat uns viel Mühe gekostet!‹ fährt er, Ihn ernst anblickend, fort. ›Aber wir haben es in deinem Namen doch glücklich zu Ende geführt. Fünfzehn Jahrhunderte haben wir uns mit dieser Freiheit abgequält – jetzt ist es mit ihr zu Ende, gründlich zu Ende. Du glaubst das nicht? Du blickst mich sanftmütig an und würdigst mich nicht einmal deines Unwillens? Doch wisse, daß diese Menschen gerade heutzutage mehr als je überzeugt sind, vollkommen frei zu sein; und dabei haben sie selbst uns ihre Freiheit gebracht und sie uns gehorsam zu Füßen gelegt. Aber das haben wir zuwege gebracht! Oder hast du das gewünscht? Hast du so eine Freiheit gewünscht?!

[…]

Er rechnet es sich und den Seinen geradezu als Verdienst an, daß sie endlich die Freiheit überwältigt haben, und zwar um die Menschen glücklich zu machen. ›Denn erst jetzt‹, sagt er und meint natürlich die Inquisition, ›erst jetzt ist es zum erstenmal möglich geworden, an das Glück der Menschen zu denken. Der Mensch war als Rebell erschaffen worden – können Rebellen denn glücklich sein? Du warst gewarnt‹, sagt er zu Ihm. ›Du hattest keinen Mangel an Warnungen und Hinweisen, aber du hörtest nicht auf sie. Du verschmähtest den einzigen Weg, auf dem es möglich war, die Menschen glücklich zu machen. Doch zum Glück übergabst du diese Aufgabe uns, als du weggingst, du versprachst es, du bekräftigtest es mit deinem Wort, du gabst uns das Recht zu binden und zu lösen – und natürlich kannst du dir jetzt nicht einfallen lassen, uns dieses Recht wieder zu nehmen. Warum also bist du gekommen, uns zu stören?‹

[…]

›Der furchtbare und kluge Geist, der Geist der Selbstvernichtung und des Nichtseins‹, fährt der Greis fort, ›der große Geist hat mit dir in der Wüste gesprochen, und es ist uns in der Schrift überliefert, daß er dich versucht hat. War es so? Und hätte er dir etwas Wahreres sagen können als das, was er dir in den drei Fragen kundtat? Was in der Schrift ›Versuchungen‹ heißt und von dir zurückgewiesen wurde? Und doch: Wenn es auf Erden jemals ein wahrhaftes, donnergleiches Wunder gegeben hat, so jenes an dem Tag dieser drei Versuchungen. Eben in diesen drei Fragen lag das Wunder. Wenn man sich nur so zur Probe und zum Beispiel vorstellen könnte, diese drei Fragen des furchtbaren Geistes wären spurlos verlorengegangen, und man müßte sie neu stellen, von neuem ausdenken und formulieren, um sie wieder in die Schrift einzusetzen, und alle Weisen der Erde würden zu diesem Zweck versammelt, Regenten, Erzpriester, Gelehrte, Philosophen und die Dichter, und ihnen würde die Aufgabe gestellt, drei Fragen auszusinnen und zu formulieren, aber so, daß sie nicht nur der Größe des Ereignisses entsprächen, sondern darüber hinaus in drei Worten, in nicht mehr als drei menschlichen Sätzen die gesamte künftige Geschichte der Welt und des Menschengeschlechts zum Ausdruck brächten – meinst du, daß die gesamte vereinigte Weisheit der Erde etwas ersinnen könnte, was an Kraft und Tiefe jenen drei Worten gleichkäme, die dir damals von dem mächtigen, klugen Geist in der Wüste tatsächlich vorgelegt wurden? Schon an diesen Fragen, allein an dem Wunder, daß und wie sie gestellt wurden, läßt sich erkennen, daß man es nicht mit einem menschlichen vergänglichen Verstand, sondern mit einem ewigen, absoluten zu tun hat. Denn in diesen drei Fragen ist gleichsam die gesamte weitere Geschichte des Menschengeschlechts zusammengefaßt und vorhergesagt. Es sind die drei Formen aufgezeigt, in denen alle unlösbaren historischen Widersprüche der menschlichen Natur auf dieser Erde eingeschlossen sind. Damals konnte das noch nicht verständlich werden, denn die Zukunft war unbekannt. Doch jetzt, da fünfzehn Jahrhunderte vergangen sind, erkennen wir, daß mit diesen drei Fragen alles so genau vorhergesagt und so genau eingetroffen ist, daß ihnen nichts mehr hinzugefügt oder von ihnen weggenommen werden kann.

[…]

Entscheide selbst, wer recht hatte: Du oder jener, der dich damals fragte. Erinnere dich an die erste Frage! Wenn sie auch nicht buchstäblich so lautete, ihr Sinn war doch folgender: ›Du willst in die Welt gehen und gehst mit leeren Händen, mit einem Versprechen von Freiheit, das sie in ihrer Einfalt und angeborenen Schlechtigkeit nicht einmal begreifen können, das ihnen Furcht und Schrecken einflößt – denn nichts ist jemals für den Menschen und für die menschliche Gesellschaft unerträglicher gewesen als Freiheit! Aber siehst du die Steine hier in dieser nackten, glühenden Wüste? Verwandle sie in Brot, und die Menschheit wird dir wie eine Herde nachlaufen, dankbar und gehorsam, wenn auch in steten Zittern, du könntest deine Hand von ihnen nehmen, und es hätte dann mit deinen Broten für sie ein Ende!‹ Du wolltest den Menschen nicht der Freiheit berauben und verschmähtest den Vorschlag. Denn was ist das für eine Freiheit, so urteiltest du, wenn der Gehorsam durch Brot erkauft wird? Du erwidertest, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Weißt du jedoch, daß sich der Geist der Erde im Namen dieses Brotes gegen dich erheben und dich besiegen wird, daß alle ihm folgen werden mit dem Ruf: ›Wer tut es diesem Tier gleich? Es gab uns das Feuer vom Himmel!‹ Weißt du auch, daß die Menschheit nach Jahrhunderten durch den Mund ihrer Weisen und Gelehrten verkünden wird, es gebe kein Verbrechen und folglich auch keine Sünde, sondern es gebe nur Hungrige? Mach sie satt, und verlang erst dann von ihnen Tugend – dies werden sie auf ihr Banner schreiben, das sie gegen dich erheben und durch das sie deinen Tempel stürzen werden. Anstelle deines Tempels wird man einen neuen Bau aufführen. Erheben wird sich erneut ein furchtbarer Turm von Babylon, und obgleich der ebensowenig wie der frühere zu Ende gebaut werden dürfte, hättest du ihn doch vermeiden und die Leiden der Menschen um tausend Jahre verkürzen können! Zu uns nämlich kommen sie, wenn sie sich tausend Jahre mit ihrem Turm abgequält haben. Sie werden uns wieder unter der Erde suchen, in den Katakomben, in denen wir uns verborgen halten, denn wir werden wieder verfolgt und gemartert sein. Sie werden uns finden und uns zurufen: Macht uns satt! Die uns das Feuer vom Himmel versprachen, haben es uns nicht gegeben ... Und dann werden wir auch ihren Turm zu Ende bauen, denn zu Ende bauen wird ihn, wer sie satt macht. Satt machen aber werden nur wir sie, und wir werden lügen, es geschehe in deinem Namen. Oh, niemals werden sie ohne uns satt werden! Keine Wissenschaft wird ihnen Brot geben, solange sie frei bleiben – und enden wird es damit, daß sie uns ihre Freiheit zu Füßen legen und sagen: Knechtet uns lieber, aber macht uns satt! Sie werden schließlich selbst begreifen, daß Freiheit und reichlich Brot für alle zusammen nicht denkbar ist, denn niemals, niemals werden sie imstande sein, untereinander zu teilen! Sie werden auch zu der Überzeugung gelangen, daß sie niemals frei sein können, weil sie schwach, lasterhaft, bedeutungslos und rebellisch sind. Du versprachst ihnen himmlisches Brot, doch ich wiederhole: Läßt sich das in den Augen des schwachen, ewig lasterhaften und ewig undankbaren Menschengeschlechts mit dem irdischen Brot vergleichen? Und wenn dir um des himmlischen Brotes willen Tausende und aber Tausende nachfolgen, was wird dann aus den Millionen und aber Millionen jener Wesen, die nicht die Kraft haben, das irdische Brot um des himmlischen willen geringzuschätzen? Oder sind dir nur die Tausende von Großen und Starken teuer, und sollen die übrigen Millionen, zahlreich wie Sand am Meer, die Schwachen, die dich lieben, nur als Material für die Großen und Starken dienen? Nein, uns sind auch die Schwachen teuer. Sie sind lasterhaft und rebellisch, schließlich aber werden auch sie gehorsam werden. Sie werden uns anstaunen und für Götter halten, weil wir uns an ihre Spitze stellen, bereit, die Freiheit zu ertragen, vor der sie Angst haben, und über sie zu herrschen, – so schrecklich wird es ihnen schließlich vorkommen, frei zu sein. Aber wir werden sagen, wir seien dir gehorsam und herrschen in deinem Namen. Wir werden sie wieder täuschen, denn dich werden wir nicht mehr zu uns lassen. In dieser Täuschung wird jedoch auch unser Leiden liegen; denn wir werden gezwungen sein zu lügen. Das also hatte diese erste Frage in der Wüste zu bedeuten. Das verschmähtest du um der Freiheit willen, die du höher stelltest als alles andere. Es lag in dieser Frage das große Geheimnis der Welt beschlossen. Hättest du das ›Brot‹ angenommen, so hättest du damit einem allgemeinen und ewigen menschlichen Sehnen entsprochen, dem Sehnen jedes einzelnen Menschen genauso wie dem der gesamten Menschheit, jenem Sehnen, das sich in der Frage ausdrückt: Wen soll ich anbeten? Es gibt für einen Menschen, der frei geblieben ist, keine unausweichlichere, dauerndere, quälendere Sorge, als möglichst rasch jemand zu finden, den er anbeten kann. Aber der Mensch möchte nur etwas anbeten, was bereits unbestritten ist, so unbestritten, daß sich alle Menschen zugleich zu gemeinsamer Anbetung bereit finden. Denn es ist nicht so sehr die Sorge dieser kläglichen Geschöpfe, etwas zu finden, was ich oder ein anderer anbeten kann, sondern etwas, woran alle glauben und was alle anbeten, unbedingt alle zusammen. Und eben dieses Bedürfnis nach gemeinsamer Anbetung bildet die wesentliche Qual jedes einzelnen Individuums wie der ganzen Menschheit seit Anbeginn der Zeiten. Um der gemeinsamen Anbetung willen vernichteten sie sich gegenseitig mit dem Schwert. Sie schufen sich Götter und riefen einander zu: Entsagt euren Göttern und betet unsere an – oder Tod euch und euren Göttern! Und so wird es sein bis ans Ende der Welt, selbst wenn die Götter aus der Welt verschwinden. Das macht den Menschen nichts aus, dann werden sie eben vor Götzen niederfallen. Du kanntest dieses wichtigste Geheimnis der menschlichen Natur, es konnte dir nicht unbekannt sein. Doch du hast das einzig wirksame Banner, das dir angeboten wurde, um alle zu zwingen, dich widerspruchslos anzubeten – das Banner des irdischen Brotes –, zurückgewiesen. Hast es zurückgewiesen um der Freiheit und des himmlischen Brotes willen. Sieh dir doch an, was du getan hast! Und alles um der Freiheit willen! Ich sage dir, der Mensch kennt keine quälendere Sorge, als jemand zu finden, dem er so schnell wie möglich das Geschenk der Freiheit übergeben kann, mit dem er, dieses unglückliche Geschöpf, geboren wird. Aber nur der bekommt die Freiheit der Menschen in seine Gewalt, der ihr Gewissen beruhigt. Mit dem Brot wurde dir ein unbestrittenes Banner angeboten: Wenn du ihm Brot gibst, betet dich der Mensch an, denn nichts ist unbestrittener als das Brot. Doch wenn zur gleichen Zeit ohne dein Wissen jemand sein Gewissen in die Gewalt bekommt – oh, dann läßt der Mensch sogar dein Brot im Stich und folgt dem, der sein Gewissen verführt. In diesem Punkt hattest du recht. Das Geheimnis des menschlichen Seins besteht nämlich nicht darin, daß man lediglich lebt, sondern darin, wofür man lebt. Hat der Mensch keine feste Vorstellung von dem Zweck, für den er lebt, so mag er nicht weiterleben und vernichtet sich eher selbst, als daß er auf der Erde bleibt – mögen auch noch so viele Brote um ihn herumliegen. Und was war nun das Ergebnis? Statt die Freiheit der Menschen in deine Gewalt zu bringen, hast du sie ihnen noch vermehrt! Oder hattest du vergessen, daß Ruhe und sogar Tod dem Menschen lieber sind als freie Wahl in der Erkenntnis von Gut und Böse? Nichts ist für den Menschen verführerischer als die Freiheit seines Gewissens, aber nichts ist auch qualvoller. Statt dem Menschen ein für allemal feste Grundlagen zur Beruhigung seines Gewissens zu geben, hast du ihm alles aufgebürdet, was es an Ungewöhnlichem, Rätselhaftem und Unbestimmtem gibt, alles, was die Kraft der Menschen übersteigt. Du hast somit gehandelt, als ob du sie überhaupt nicht liebtest, obwohl du doch gekommen warst, um für sie dein eigenes Leben hinzugeben! Statt die Freiheit der Menschen in deine Gewalt zu bringen, hast du sie vermehrt und mit ihren Qualen das Seelenleben des Menschen für allezeit belastet. Du wünschtest freiwillige Liebe von seiten des Menschen, frei sollte er dir nachfolgen, entzückt und gefesselt von dir. Statt des festen alten Gesetzes sollte der Mensch künftig selbst mit freiem Herzen entscheiden, was gut und böse ist, und dabei nur dein Vorbild als Orientierungshilfe vor sich haben. Hast du dabei wirklich nicht bedacht, daß er schließlich sogar dein Vorbild und deine Wahrheit verwerfen und als unverbindlich ablehnen wird, wenn man ihm so eine furchtbare Last aufbürdet, wie Freiheit der Wahl? Schließlich werden die Menschen sagen, du bist nicht die Wahrheit; denn man konnte sie kaum in größerer Verwirrung und Qual zurücklassen, als du es tatest, indem du ihnen so viele Sorgen und unlösbare Aufgaben hinterließest. Auf diese Weise hast du selbst den Grund zur Zerstörung deines Reiches gelegt und darfst niemand sonst beschuldigen. Dabei wurde dir doch etwas ganz anderes vorgeschlagen! Es gibt auf der Erde nur drei Mächte, die imstande sind, das Gewissen dieser schwächlichen Rebellen zu ihrem Glück für allezeit zu besiegen und zu fesseln: das Wunder, das Geheimnis und die Autorität. Du hast das erste und das zweite und das dritte verschmäht und durch dein eigenes Verhalten ein Beispiel gegeben. Als der furchtbare, kluge Geist dich auf die Zinne des Tempels stellte und sagte: Wenn du wissen willst, ob du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab! Denn von ihm steht geschrieben, daß die Engel ihn auffangen und tragen werden und er nicht fallen und sich nicht stoßen wird. Und dann wirst du erkennen, ob du Gottes Sohn bist, und beweisen, wie groß dein Glaube an deinen Vater ist ... Aber du hast diesen Vorschlag zurückgewiesen und dich nicht hinabgestürzt. Natürlich handeltest du stolz und großartig wie ein Gott – aber sind die Menschen, dieses schwache, rebellische Geschlecht, etwa Götter? Oh, du hast damals eingesehen: Wenn du auch nur einer Schritt tun, nur eine Bewegung machen würdest, dich hinabzustürzen, würdest du damit Gott versuchen und allen Glauben an ihn verlieren und auf der Erde zerschmettern, die du zu retten gekommen warst; und der kluge Geist, der dich versuchte, würde sich freuen. Aber ich sage noch einmal: Gibt es viele solche wie dich? Und hast du wirklich auch nur einen Augenblick annehmen können, auch die Kraft der Menschen könnte ausreichen, einer derartigen Versuchung zu widerstehen? Ist die Natur des Menschen etwa so beschaffen, daß er das Wunder ablehnen und in solchen schweren Augenblicken des Lebens, Augenblicken der furchtbarsten und qualvollsten letzten Seelenfragen, allein mit der freien Entscheidung des Herzens auskommen kann? Du wußtest, daß deine Tat in der Schrift festgehalten würde, daß sie bis ans Ende aller Zeiten und bis an die letzten Grenzen der Erde gelangen würde, und du hofftest, auch der Mensch würde, dir nachfolgend, in der Gemeinschaft mit Gott bleiben, ohne des Wunders zu bedürfen. Aber du wußtest nicht, daß der Mensch, sobald er das Wunder ablehnt, zugleich auch Gott ablehnt, weil er nicht so sehr Gott als vielmehr das Wunder sucht. Und da der Mensch nicht imstande ist, ohne Wunder auszukommen, wird er sich neue Wunder schaffen, eigene Wunder; er wird sich vor den Wundern der Zauberer und Hexen beugen, mag er auch hundertmal als Rebell, Ketzer oder Atheist gelten. Du bist nicht vom Kreuz herabgestiegen, als dir höhnisch zugerufen wurde: Steig herab vom Kreuz, und wir werden glauben, daß du der Sohn Gottes bist! Du bist nicht herabgestiegen, weil du abermals den Menschen nicht durch ein Wunder knechten wolltest, weil du einen freien Glauben wünschtest, keinen Wunderglauben. Du wünschtest freiwillige Liebe und nicht sklavisches Entzücken des Unfreien über eine Macht, die ihm ein für allemal Schrecken einflößt. Aber auch hier hast du von den Menschen zu hoch gedacht, denn sie sind allerdings Unfreie, wenn sie auch als Rebellen geschaffen worden sind. Sieh um dich und urteile selbst! Fünfzehn Jahrhunderte sind jetzt verflossen; bitte, sieh dir die Menschen an: wen hast du zu dir emporgehoben? Ich schwöre dir, der Mensch ist schwächer und niedriger, als du geglaubt hast! Kann er, frage ich, überhaupt ausführen, was du ausgeführt hast? Indem du ihn so hoch einschätztest, hast du gehandelt, als ob du kein Mitleid mehr für ihn empfändest, du hast zuviel von ihm verlangt, du, der du ihn doch mehr liebtest als dich selbst! Hättest du ihn weniger hoch eingeschätzt, hättest du auch weniger von ihm verlangt; das wäre der Liebe näher gekommen, denn es hätte seine Bürde leichter gemacht. Er ist schwach und gemein. Daß er jetzt überall gegen unsere Macht rebelliert und auf diese Rebellion stolz ist – was will das besagen? Das ist der Stolz eines Kindes, eines Schulknaben. Das sind Kinder, die in der Klasse revoltieren und den Lehrer vertreiben. Aber auch der Jubel dieser Kinder wird sein Ende finden; er wird ihnen teuer zu stehen kommen. Sie werden die Tempel niederreißen und die Erde mit Blut überschwemmen. Aber schließlich werden die dummen Kinder merken, daß sie doch nur schwächliche Rebellen sind, die ihre eigene Rebellion nicht aushalten. In dumme Tränen ausbrechend, werden sie bekennen, daß sich derjenige, der sie zu Rebellen erschaffen hat, ohne Zweifel über sie hat lustig machen wollen. Sie werden das voller Verzweiflung sagen, und was sie sagen, wird eine Gotteslästerung sein, die sie noch unglücklicher macht; denn die menschliche Natur erträgt keine Gotteslästerung und bestraft sich zuletzt immer selbst dafür. Und so sind jetzt Unruhe, Verwirrung und Unglück das Los der Menschen, nachdem du so viel für ihre Freiheit gelitten hast! Dein großer Prophet sagt in einer allegorischen Vision, er habe alle Teilnehmer der ersten Auferstehung gesehen, aus jedem Stamm zwölftausend. Aber wenn es so viele waren, dann waren auch sie wohl kaum Menschen, sondern Götter. Sie haben dein Kreuz getragen. Sie haben es erduldet, jahrzehntelang in der öden Wüste zu leben und sich von Heuschrecken und Wurzeln zu ernähren. Du kannst in der Tat stolz auf diese Kinder der Freiheit hinweisen, die dich freiwillig geliebt und um deines Namens willen freiwillig ein so großartiges Opfer gebracht haben. Aber vergiß nicht, daß es im ganzen nur ein paar Tausend waren, und zwar Götter – aber die übrigen? Was können die übrigen, die schwachen Menschen, dafür, daß sie nicht dasselbe ertragen konnten wie die Starken? Was kann eine schwache Seele dafür, daß sie nicht imstande ist, so furchtbare Gaben aufzunehmen? Bist du wirklich nur zu den Auserwählten und für die Auserwählten gekommen? Wenn es so ist, liegt hier ein Geheimnis vor, und wir können es nicht verstehen. Wenn aber ein Geheimnis vorliegt, so waren auch wir berechtigt, dies zu verkünden und die Menschen zu lehren, daß nicht der freie Entschluß ihrer Herzen und nicht die Liebe das Entscheidende ist, sondern jenes Geheimnis, dem sie sich blind unterordnen müssen, selbst gegen ihr Gewissen. Das haben wir denn auch getan. Wir haben deine Tat verbessert und sie auf das Wunder, das Geheimnis und die Autorität gegründet. Und die Menschen freuten sich, daß sie wieder wie eine Herde geleitet wurden und daß endlich das furchtbare Geschenk, das ihnen so viel Qual bereitet hatte, von ihren Herzen genommen war. Sprich, waren wir berechtigt, so zu lehren und so zu handeln? Haben wir die Menschheit etwa nicht geliebt, als wir so freundlich ihre Schwäche anerkannten, ihre Bürde liebevoll erleichterten und ihrer schwachen Natur sogar die Sünde gestatteten, wenn sie mit unserer Erlaubnis geschah? Warum bist du jetzt gekommen, uns zu stören? Und warum siehst du mich schweigend und durchdringend an mit deinen sanften Augen? Werde zornig! Ich will deine Liebe nicht, weil ich dich selbst nicht liebe. Und was könnte ich vor dir schon verbergen? Als ob ich nicht wüßte, mit wem ich rede! Was ich dir zu sagen habe, ist dir bereits alles bekannt, das lese ich in deinen Augen. Und ich sollte unser Geheimnis vor dir verbergen? Vielleicht willst du es gerade aus meinem Munde vernehmen. So höre denn! Wir sind nicht mit dir im Bunde, sondern mit ihm – das ist unser Geheimnis! Wir sind schon seit langer Zeit nicht mehr mit dir im Bunde, sondern mit ihm, schon acht Jahrhunderte lang. Genau acht Jahrhunderte ist es her, daß wir von ihm annahmen, was du unwillig zurückgewiesen hast: jene letzte Gabe, die er dir anbot, indem er dir alle Reiche der Erde zeigte. Wir haben von ihm Rom empfangen und das Schwert des Cäsar und haben uns selbst zu Herren der Erde, zu ihren einzigen Herren erklärt, obwohl wir unser Werk bis heute noch nicht zum vollen Abschluß zu bringen vermochten. Aber wessen Schuld ist das? Oh, dieses Werk befindet sich jetzt erst im Anfangsstadium, aber begonnen ist es. Lange noch werden wir auf seine Vollendung warten müssen, und viel wird die Erde noch leiden. Aber wir werden ans Ziel gelangen, wir werden Cäsaren sein, und dann werden wir auch an das Glück aller Menschen auf Erden denken. Du aber hättest schon damals das Schwert des Cäsar ergreifen können. Warum hast du diese letzte Gabe zurückgewiesen? Hättest du diesen dritten Rat des mächtigen Geistes angenommen, so hättest du alle Wünsche erfüllt, die der Mensch hier auf Erden hegt. Er hätte jemand gehabt, den er anbeten und dem er sein Gewissen anvertrauen kann; er hätte die Möglichkeit gesehen, daß sich endlich alle gemeinsam und einmütig zu einem umfassenden, von niemand bestrittenen Ameisenhaufen vereinigen. Das Bedürfnis zu universeller Vereinigung ist nämlich die dritte und letzte Qual der Menschen. Immer hat die Menschheit in ihrer Gesamtheit danach gestrebt, sich unter allen Umständen universell zu gestalten. Es hat viele große Völker mit großer Geschichte gegeben. Doch je höher diese Völker standen, desto unglücklicher waren sie, weil sie stärker als die anderen das Bedürfnis nach einer universellen Vereinigung der Menschen empfanden. Große Eroberer, wie Timur Timur-Leng, Mongolenherrscher, eroberte ein Weltreich von China bis Ungarn, † 1405 und Dschingis-Khan, Dschingis-Khan – Mongolenherrscher, errichtete ein Weltreich, † 1227 fegten wie ein Wirbelsturm über die Erde, bestrebt, die Welt zu erobern. Aber auch sie drückten, obgleich unbewußt, das große Bedürfnis der Menschheit nach allgemeiner, allumfassender Vereinigung aus. Hättest du das Schwert und den Purpur des Cäsar angenommen, so hättest du eine Weltherrschaft begründet und der ganzen Welt Ruhe gebracht. Denn wem anders steht es zu, über die Menschen zu herrschen, als denen, die das Gewissen der Menschen in ihrer Gewalt haben und in deren Händen das Brot der Menschen ist? Wir unsererseits haben das Schwert des Cäsar ergriffen; dabei haben wir uns freilich von dir abgewandt und sind ihm gefolgt. Oh, noch jahrhundertelang wird der Unfug des freien Verstandes, der Wissenschaft und Menschenfresserei dauern! Denn sie, die ihren babylonischen Turm ohne uns aufzuführen begannen, werden bei der Menschenfresserei enden. Doch dann, dann wird das Tier zu uns gekrochen kommen und unsere Füße lecken und sie mit den blutigen Tränen seiner Augen benetzen. Und wir werden uns auf das Tier setzen und den Kelch erheben, auf dem geschrieben steht: Geheimnis! Erst dann wird für die Menschen das Reich der Ruhe und des Glücks anbrechen. Du bist stolz auf deine Auserwählten. Aber du hast nur Auserwählte, während wir allen Ruhe bringen. Und noch eins. Wie viele von diesen Auserwählten und von den Starken, die da hätten Auserwählte werden können, sind es schließlich müde geworden, auf dich zu warten! Sie haben die Kräfte ihres Geistes und die Glut ihres Herzens auf ein anderes Feld übertragen und tun das auch jetzt noch und werden es tun, bis sie ihr Freiheitsbanner sogar gegen dich erheben. Aber du selbst hast dieses Banner erhoben. Bei uns jedoch werden alle glücklich sein und nicht mehr rebellieren und einander vernichten, wie es unter deiner Freiheit allerorten geschah. Oh, wir werden sie davon überzeugen, daß sie erst dann wahrhaft frei sein werden, wenn sie ihrer Freiheit zu unseren Gunsten entsagen und uns gehorchen. Nun, werden wir damit recht haben? Oder wird das eine Lüge sein? Sie werden selber einsehen, daß wir recht haben! Denn sie werden sich erinnern, zu welcher schrecklichen Sklaverei und Verwirrung sie deine Freiheit gebracht hat. Freiheit, freie Vernunft und Wissenschaft werden sie in solche Abgründe führen und sie vor solche Wunder und solche unlöslichen Geheimnisse stellen, daß manche von ihnen, die Unbotmäßigen und Trotzigen, sich selbst vernichten, andere, die Unbotmäßigen, aber Schwachen, sich gegenseitig vernichten, und die dritten, die Schwächlichen und Unglücklichen, uns zu Füßen kriechen und zu uns aufwinseln werden: Ja, ihr hattet recht! Ihr allein wart im Besitz seines Geheimnisses! Wir kehren zu euch zurück, rettet uns vor uns selbst! Wenn sie von uns Brot erhalten, werden sie allerdings deutlich erkennen, daß wir ihnen ihr eigenes Brot, das sie mit ihren eigenen Händen erarbeitet haben, wegnehmen, um es dann wieder unter sie zu verteilen, ohne jedes Wunder. Sie werden sehen, daß wir nicht Steine in Brot verwandelt haben, doch in Wahrheit werden sie sich – mehr als über das Brot selbst – darüber freuen, daß sie es aus unseren Händen empfangen! Sie werden sich nämlich sehr gut erinnern, daß sich früher, ohne uns, das durch ihre Arbeit erworbene Brot in ihren Händen in Steine verwandelte, daß aber nach ihrer Rückkehr zu uns selbst die Steine in ihren Händen zu Brot wurden. Und sehr wohl werden sie zu schätzen wissen, was es bedeutet, sich ein für allemal zu unterwerfen! Solange die Menschen das nicht begreifen, werden Sie unglücklich sein. Und nun sag, wer hat am meisten zu diesem Unverständnis beigetragen? Wer hat die Herde zersplittert und auf unbekannte Wege versprengt? Die Herde wird sich jedoch von neuem sammeln und von neuem unterwerfen, und dann ein für allemal. Dann werden wir den Menschen ein stilles, friedliches Glück gewähren: das Glück der schwachen Wesen, als die sie nun einmal geschaffen sind. Oh, wir werden sie schließlich überreden, ihren Stolz abzulegen! Du hast sie emporgehoben und dadurch stolz gemacht. Wir werden ihnen beweisen, daß sie nur schwache, armselige Kinder sind, daß aber das Glück von Kindern süßer ist als jedes andere. Sie werden eingeschüchtert zu uns aufblicken und sich ängstlich an uns drücken – wie die Kücken an die Henne. Sie werden uns anstaunen und fürchten und stolz sein, daß unsere Macht und Klugheit uns befähigt hat, so eine störrische Herde von tausend Millionen zu zähmen. Sie werden kraftlos zittern vor unserem Zorn, ihr Geist wird verzagen, ihre Augen werden dem Weinen nahe sein wie die von Kindern und Frauen – doch ebenso leicht werden sie auch auf unseren Wink zu Fröhlichkeit und Gelächter, zu heller Freude und glückseligen Kinderliedchen übergehen. Ja, wir werden sie zwingen zu arbeiten; ihre arbeitsfreien Stunden aber werden wir ihnen zu einem kindlichen Spiel umgestalten, mit Kinderliedern, Chorgesängen und unschuldigen Tänzen. Oh, wir werden ihnen auch die Sünde erlauben. Sie sind kraftlos und werden uns wie Kinder dafür lieben, daß wir ihnen gestatten zu sündigen. Wir werden ihnen sagen, jede Sünde könne wiedergutgemacht werden, sofern sie mit unserer Erlaubnis begangen worden ist. Und wenn ihnen also von uns gestattet werde zu sündigen, so habe das seinen Grund in unserer Liebe zu ihnen. Die Strafe für diese Sünden seien wir bereit, auf uns zu nehmen. Und wir werden sie auch auf uns nehmen! Sie aber werden uns als ihre Wohltäter vergöttern, weil wir vor Gott ihre Sünden auf uns nehmen. Und sie werden keinerlei Geheimnisse vor uns haben. Wir werden ihnen erlauben oder verbieten, mit ihren Frauen und Geliebten zu leben, Kinder zu haben oder keine Kinder zu haben, alles je nach ihrem Gehorsam, und sie werden sich uns mit Lust und Freude unterwerfen. Auch die qualvollsten Geheimnisse ihres Gewissens – alles werden sie uns anvertrauen, und wir werden alles entscheiden. Und sie werden unserer Entscheidung mit Freuden glauben, weil sie durch diese von der großen Sorge und der furchtbaren Qual freier persönlicher Entscheidung befreit sein werden. Und alle die Millionen von Wesen werden glücklich sein, mit Ausnahme der Hunderttausend, die über sie herrschen. Denn nur wir, die Hüter des Geheimnisses, werden unglücklich sein. Es wird Tausende von Millionen glücklicher Kinder geben und hunderttausend Dulder, die den Fluch der Erkenntnis von Gut und Böse auf sich genommen haben. Still werden sie sterben, still in deinem Namen erlöschen und jenseits des Grabes nur den Tod finden. Das jedoch werden wir geheimhalten und die Menschen durch die Verheißung einer ewigen, himmlischen Belohnung zu ihrem eigenen Glück locken. Denn selbst wenn es etwas im Jenseits gäbe, dann doch sicherlich nicht für solche wie sie. Es wird prophezeit, du würdest wiederkommen mit deinen Auserwählten, mit deinen Stolzen und Starken und einen neuen Sieg erringen. Aber wir werden sagen, diese hätten nur sich selbst gerettet, wir hingegen alle Menschen. Es wird gesagt, die Hure, die auf dem Tier sitzt und das Geheimnis in ihren Händen hält, würde beschimpft werden, und die Schwachen würden sich abermals empören und das Purpurgewand der Hure zerreißen und ihren gemeinen Körper entblößen. Doch dann werde ich aufstehen und dich auf die Tausende von Millionen glücklicher Kinder hinweisen, die keine Sünde gekannt haben. Und wir, die wir um ihres Glückes willen ihre Sünde auf uns genommen haben, werden vor dich hintreten und sagen: Verurteile uns, wenn du das kannst und wagst! Du sollst wissen, daß ich dich nicht fürchte. Daß auch ich in der Wüste war, daß auch ich mich von Heuschrecken und Wurzeln ernährte, daß auch ich die Freiheit segnete, mit der du die Menschen gesegnet hattest, daß auch ich mich vorbereitete, in die Schar deiner Auserwählten, der Starken und Mächtigen, einzutreten mit dem heißen Wunsch, ihre Zahl voll zu machen. Aber ich kam zur Besinnung und hatte kein Verlangen mehr, dem Wahnsinn zu dienen. Ich kehrte zurück und schloß mich denen an, die deine Tat verbesserten. Ich ging fort von den Stolzen und kehrte zu den Demütigen zurück, um diese glücklich zu machen. Was ich dir sage, wird in Erfüllung gehen, und unser Reich wird errichtet werden. Ich wiederhole, schon morgen wirst du sehen, wie diese gehorsame Herde auf meinen ersten Wink herbeistürzt und glühende Kohlen für deinen Scheiterhaufen zusammenscharrt. Für den Scheiterhaufen, auf dem ich dich verbrennen werde dafür, daß du gekommen bist, uns zu stören. Wenn jemals einer vor allen anderen unseren Scheiterhaufen verdient hat, so bist du es. Morgen werde ich dich verbrennen. Dixi.‹

[…]

Nachdem der Inquisitor geendet hat, wartet er einige Zeit auf eine Antwort des Gefangenen. Dessen Schweigen wird ihm peinlich. Er hat bemerkt, wie ihm der Gefangene die ganze Zeit still zugehört und eindringlich in die Augen gesehen hat – offenbar ohne die Absicht, etwas zu erwidern. Der Greis möchte, daß Er etwas sagt, und sei es etwas Bitteres, Furchtbares. Doch Er nähert sich plötzlich wortlos dem Greis und küßt ihn sacht auf die blutlosen welken Lippen. Das ist seine ganze Antwort. Der Greis fährt zusammen. Um seine Mundwinkel zuckt es, er geht zur Tür, öffnet sie und sagt zu Ihm: ›Geh und komm nicht wieder! Komm überhaupt niemals wieder! Niemals, niemals!‹ Und er läßt Ihn hinaus auf die dunklen Straßen und Plätze der Stadt. Der Gefangene geht!

[…]

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↗Quelle

♫ Dale Wasserman / Joe Darion / Mitch Leigh: Man of La Mancha

♫ Magnificat anima mea Dominum

Les Très Riches Heures du duc de Berry, Folio 59v - The Visitation
The Musée Condé, Chantilly

Magnificat anima mea Dominum,
et exsultavit spiritus meus in Deo salvatore meo,
quia respexit humilitatem ancillae suae.
Ecce enim ex hoc beatam me dicent omnes generationes,
quia fecit mihi magna, qui potens est,
et sanctum nomen eius,
et misericordia eius in progenies et progenies
timentibus eum.
Fecit potentiam in brachio suo,
dispersit superbos mente cordis sui;
deposuit potentes de sede
et exaltavit humiles;
esurientes implevit bonis
et divites dimisit inanes.
Suscepit Israel puerum suum,
recordatus misericordiae,
sicut locutus est ad patres nostros,
Abraham et semini eius in saecula.

Evangelium secundum Lucam 1,46-55

Claudio Monteverdi: Vespro della Beata Vergine - Magnificat

...sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum.

Claudio Monteverdi: Vespro della Beata Vergine - Magnificat - Sicut erat


Botticelli: Mystische Geburt
Sandro Botticelli: Mystische Geburt

♫ Gustav Mahler: 8. Sinfonie, 2. Satz

National Youth Orchestra of Great Britain, conducted by Sir Simon Rattle, 2002 BBC Proms

CHOR, ECHO

Waldung, sie schwankt heran,
Felsen, sie lasten dran,
Wurzeln, sie klammern an,
Stamm dicht an Stamm hinan,
Woge nach Woge spritzt,
Höhle, die tiefste, schützt,
Löwen, sie schleichen stumm,
Freundlich um uns herum,
Ehren geweihten Ort,
Heiligen Liebeshort.
 
 

PATER ECSTATICUS
(auf und abschwebend)

Ewiger Wonnebrand,
Glühendes Liebesband,
Siedender Schmerz der Brust,
Schäumende Gotteslust.
Pfeile, durchdringet mich,
Lanzen, bezwinget mich,
Keulen, zerschmettert mich,
Blitze, durchwettert mich,
Daß ja das Nichtige
Alles verflüchtige,
Glänze der Dauerstern,
Ewiger Liebe Kern!
 
 

PATER PROFUNDUS
(tiefe Region)

Wie Felsenabgrund mir zu Füßen
Auf tiefem Abgrund lastend ruht,
Wie tausend Bäche strahlend fließen
Zum grausen Sturz des Schaums der Flut,
Wie strack, mit eig'nem kräft'gen Triebe,
Der Stamm sich in die Lüfte tragt;
So ist es die allmächt'ge Liebe,
Die alles bildet, alles hegt.
Ist um mich her ein wildes Brausen,
Als wogte Wald und Felsengrund!
Und doch stürzt, liebevoll im Sausen,
Die Wasserfülle sich zum Schlund,
Berufen, gleich das Tal zu wässern;
Der Blitz, der flammend niederschlug,
Die Atmosphäre zu verbessern,
Die Gift und Dunst im Busen trug;
Sind Liebesboten, sie verkünden,
Was ewig schaffend uns umwallt.
Mein Inn'res mög' es auch entzünden,
Wo sich der Geist, verworren, kalt,
Verquält in stumpfer Sinne Schranken,
Scharf angeschloss'nem Kettenschmerz.
O Gott! beschwichtige die Gedanken,
Erleuchte mein bedürftig Herz!
 
 

ENGEL
(schwebend in der höhern Atmosphäre,
Faustens Unsterbliches tragend)

Gerettet ist das edle Glied
Der Geisterwelt vom Bösen:
Wer immer strebend sich bemüht,
Den können wir erlösen;
Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben teilgenommen,
Begegnet ihm die sel'ge Schar
Mit herzlichem Willkommen.
 
 

CHOR SELIGER KNABEN

(um die höchsten Gipfel kreisend)
Hände verschlinget
Euch freudig zum Ringverein!
Regt euch und singet
Heil'ge Gefühle drein!
Göttlich belehret,
Dürft ihr vertrauen:
Den ihr verehret,
Werdet ihr schauen.
 
 

DIE JÜNGEREN ENGEL

Jene Rosen aus den Händen
Liebend-heiliger Büßerinnen
Halfen uns den Sieg gewinnen
Und das hohe Werk vollenden,
Diesen Seelenschatz erbeuten.

Böse wichen, als wir streuten,
Teufel flohen, als wir trafen.
Statt gewohnter Höllenstrafen
Fühlten Liebesqual die Geister;
Selbst der alte Satans Meister
War von spitzer Pein durchdrungen.
Jauchzet auf! Es ist gelungen.
 
 

DIE VOLLENDETEREN ENGEL

Uns bleibt ein Erdenrest
Zu tragen peinlich,
Und wär er von Asbest,
Er ist nicht reinlich.
Wenn starke Geisteskraft
Die Elemente
An sich herangerafft,
Kein Engel trennte
Geeinte Zwienatur
Der innigen beiden;
Die ewige Liebe nur
Vermag's zu scheiden.
 
 

DIE JÜNGEREN ENGEL

Ich spür' soeben,
Nebelnd um Felsenhöh',
Ein Geisterleben,
Regend sich in der Näh'.
Seliger Knaben
Seh'ich bewegte Schar,
Los von der Erde Druck.
Im Kreis gesellt,
Die sich erlaben
Am neuen Lenz und Schmuck
Der obern Welt.
Sei er zum Anbeginn,
Steigendem Vollgewinn
Diesen gesellt!
 
 

DIE SELIGEN KNABEN

Freudig empfangen wir
Diesen im Puppenstand;
Also erlangen wir
Englisches Unterpfand.
Löset die Flocken los,
Die ihn umgeben!
Schon ist er schön und groß
Von heiligem Leben.
 
 

DOCTOR MARIANUS

(in der höchsten, reinlichsten Zelle)
Hier ist die Aussicht frei,
Der Geist erhoben.
Dort ziehen Fraun vorbei,
Schwebend nach oben.
Die Herrliche mittenin
Im Sternenkranze,
Die Himmelskönigin,
Ich seh’s am Glanze.

Höchste Herrscherin der Welt!
Lasse mich im blauen,
Ausgespannten Himmelszelt
Dein Geheimnis schauen.

Billige, was des Mannes Brust
Ernst und zart beweget
Und mit heiliger Liebeslust
Dir entgegenträget.
Unbezwinglich unser Mut,
Wenn du hehr gebietest;
Plötzlich mildert sich die Glut,
Wie du uns befriedest.
 
 

DOCTOR MARIANUS, CHOR

Jungfrau, rein im schönsten Sinne,
Mutter, Ehren würdig,
Uns erwählte Königin,
Göttern ebenbürtig.
 
 

CHOR

Dir, der Unberührbaren,
Ist es nicht benommen,
Daß die leicht Verführbaren
Traulich zu dir kommen.
In die Schwachheit hingerafft,
Sind sie schwer zu retten.
Wer zerreißt aus eig'ner Kraft
Der Gelüste Ketten?
Wie entgleitet schnell der Fuß
Schiefem, glattem Boden?
 
 

CHOR DER BÜSSERINNEN

Du schwebst zu Höhen
Der ewigen Reiche;
Vernimm das Flehen,
Du Gnadenreiche!
Du Ohnegleiche!
 
 

MAGNA PECCATRIX

Bei der Liebe, die den Füßen
Deines gottverklärten Sohnes
Tränen ließ zum Balsam fließen,
Trotz des Pharisäer Hohnes;
Beim Gefäße, das so reichlich
Tropfte Wohlgeruch hernieder;
Bei den Locken, die so weichlich
Trockneten die heil'gen Glieder -
 
 

MULIER SAMARITANA

Bei dem Bronn, zu dem schon weiland
Abram ließ die Herde führen;
Bei dem Eimer, der dem Heiland
Kühl die Lippe durft' berühren;
Bei der reinen, reichen Quelle,
Die nun dorther sich ergießet,
Überflüssig, ewig helle,
Rings durch alle Welten fließt -
 
 

MARIA AEGYPTIACA

Bei dem hochgeweihten Orte,
Wo den Herrn man niederließ;
Bei dem Arm, der Von der Pforte,
Warnend mich zurücke stieß;
Bei der vierzigjähr'gen Buße,
Der ich treu in Wüsten blieb;
Bei dem sel'gen Scheidegruße,
Den im Sand ich niederschrieb -
 
 

ZU DREI

Die du großen Sünderinnen
Deine Nähe nicht verweigerst.
Und ein büßendes Gewinnen
In die Ewigkeiten steigerst,
Gönn' auch dieser guten Seele.
Die sich einmal nur vergessen.
Die nicht ahnte, daß sie fehle,
Dein Verzeihen angemessen!
 
 

UNA POENITENTIUM (Gretchen)

Neige, neige,
Du Ohnegleiche,
Du Strahlenreiche,
Dein Antlitz gnädig meinem Glück!
Der früh Geliebte,
Nicht mehr Getrübte,
Er kommt zurück.
 
 

CHOR SELIGER KNABEN

Er überwächst uns schon
An mächt'gen Gliedern.
Wird treuer Pflege Lohn
Reichlich erwidern.
Wir wurden früh entfernt
Von Lebechören.
Doch dieser hat gelernt:
Er wird uns lehren.
 
 

UNA POENITENTIUM (Gretchen)

Vom edlen Geisterchor umgeben,
Wird sich der Neue kaum gewahr,
Er ahnet kaum das frische Leben,
So gleicht er schon der heil'gen Schar.
Sieh, wie er jedem Erdenbande
Der alten Hülle sich entrafft,
Und aus ätherischem Gewande
Hervortritt erste Jugendkraft!
Vergönne mir, ihn zu belehren,
Noch blendet ihn der neue Tag.
 
 

MATER GLORIOSA

Komm! Hebe dich zu höhern Sphären!
Wenn er dich ahnet, folgt er nach.
 
 

DOCTOR MARIANUS, CHOR

Blicket auf zum Retterblick,
Alle reuig Zarten,
Euch zu sel'gem Glück
Dankend umzuarten!
Werde jeder bess're Sinn
Dir zum Dienst erbötig;
Jungfrau, Mutter, Königin,
Göttin, bleibe gnädig!
 
 

CHORUS MYSTICUS

Alles Vergängliche
Ist nur ein Gleichnis;
Das Unzulängliche,
Hier wird's Ereignis;
Das Unbeschreibliche,
Hier ist's getan;
Das Ewig Weibliche
Zieht uns hinan.

♫ Gustav Mahler
Das Lied von der Erde
Der Abschied (Schluss)
Janet Baker

Live performance in Munich in 1970 by Janet Baker with the Bavarian Radio Symphony Orchestra conducted by Rafael Kubelik. This is just the final 10 minutes of the final part of the Gustav Mahler's work, the whole of which lasts an hour.
Glenmed, YouTube

Siehe auch: Gustav Mahler: Das Lied von der Erde - Der Abschied (Kathleen Ferrier)

Loriot: Advent

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
Schneeflöcklein leis herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
Und dort vom Fenster her durchbricht
den dunklen Tann ein warmes Licht.
Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein:
am Niklasabend muß es sein.
Und als das Rehlein ging zur Ruh',
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie direkt von vorn
den Gatten über Kimm und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln,
derweil die Sternlein traulich funkeln.
Und in der guten Stube drinnen
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
(was der Gemahl bisher vermied) -,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt zum Schluß, es geht auf vier,
die Reste in Geschenkpapier.
Da tönt's von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so tiefer Nacht
im Schnee noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten!
He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?
Des Försters Haus ist tiefverschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
's ist alles, was ich geben kann.
Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent.


↗Video

♫ Anton Bruckner: Te Deum

Janet Perry, Helga Muller-Molinari, Gosta Winbergh, Alexander Malta
Wiener Singverein
Wiener Philarmoniker
Herbert von Karajan
Polydor 1985

Te Deum laudamus. Te Dominum confitemur.
Te aeternum patrem omnis terra veneratur.
Tibi omnes Angeli, tibi caeli et universae potestates:
Tibi cherubim et seraphim incessabili voce proclamant:
Sanctus:
Sanctus:
Sanctus Dominus Deus Sabaoth.
Pleni sunt caeli et terra maiestatis gloriae tuae.

Te gloriosus Apostolorum chorus:
Te prophetarum laudabilis numerus:
Te martyrum candidatus laudat exercitus.
Te per orbem terrarum sancta confitetur Ecclesia:
Patrem immensae maiestatis:
Venerandum tuum verum, et unicum Filium:
Sanctum quoque Paraclitum Spiritum.

Tu Rex gloriae, Christe.
Tu Patris sempiternus es Filius.
Tu ad liberandum suscepturus hominem, non horruisti Virginis uterum.
Tu devicto mortis aculeo, aperuisti credentibus regna caelorum.

Tu ad dexteram Dei sedes, in gloria Patris.
Iudex crederis esse venturus.
Te ergo quaesumus, tuis famulis subveni, quos pretioso sanguine redemisti.
Aeterna fac cum sanctis tuis in gloria numerari.

Salvum fac populum tuum Domine, et benedic haereditati tuae.
Et rege eos, et extolle illos usque in aeternum.
Per singulos dies, benedicimus te.
Et laudamus nomen tuum in saeculum, et in saeculum saeculi.
Dignare Domine, die isto sine peccato nos custodire.

Miserere nostri, Domine, miserere nostri.
Fiat misericordia tua Domine, super nos, quemadmodum speravimus in te.
In te, Domine, speravi: non confundar in aeternum.

Welcome to existence

Welcome to existence

This is about a new religion, which is called Justnowism.

Copied from YouTube Guru ↗cdk007 and modified by ↗JoHammonia
To download this video (copyright free):
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♫ Walter Andreas Schwarz: Im Wartesaal zum großen Glück

Es gibt einen Hafen, da fährt kaum ein Schiff.
Und wenn eines fährt, so in unbestimmte Fernen.
Und es kommt, wenn es ankommt, von sehr weit schon her.
Und einer steigt aus, und der kommt übers Meer
Mit gläserner Fracht von den Sternen.

Und man baute am Kai der Vergangenheit
Einen Saal mit Blick auf das Meer
Und mit Wänden aus Träumen gegen die Wirklichkeit,
Denn die liebte man nicht sehr.

Im Wartesaal zum großen Glück,
Da warten viele, viele Leute.
Die warten seit gestern auf das Glück von morgen
Und leben mit Wünschen von übermorgen
Und vergessen, es ist ja noch heute.
Ach... die armen, armen Leute.

Und sie blickten aufs Meer, und sie sah'n auch das Schiff,
Gerade als es abfuhr in unbestimmte Fernen,
Und sie jagten auf Träumen hinter ihm her
Und sah'n ihn nicht, wie er kam übers Meer
Mit gläserner Fracht von den Sternen.

Und er ging am Kai der Vergangenheit vorbei,
Und die im Saal, die ließ er einfach steh'n,
Ging grade aus in die Wirklichkeit,
Und da hat man ihn lächeln sehn.

Im Wartesaal zum großen Glück,
Da warten viele, viele Leute.
Die warten seit gestern auf das Glück von morgen
Und leben mit Wünschen von übermorgen
Und vergessen, es ist ja noch heute.
Ach... die armen, armen Leute.

Und es fuhren am Morgen die Fischer hinaus,
Und es glühte der Himmel bis in unbestimmte Fernen,
Und da kam er gegangen, und ihre Netze waren leer.
Doch da holte er für sie die Sonne aus dem Meer
Und trug sie empor zu den Sternen.

Und sie glänzte weit durch die Wirklichkeit,
Und es tanzten die Boote im Licht.
Nur im Saal am Kai der Vergangenheit,
Da sah man die Sonne nicht.

Im Wartesaal zum großen Glück,
Da warten viele, viele Leute.
Die warten seit gestern auf das Glück von morgen
Und leben mit Wünschen von übermorgen
Und vergessen, es ist ja noch heute.
Tja... die armen Leute.


Walter Andreas Schwarz, 1956.

Vernunft und Glaube - Huber versus Benedikt

«Huber meint nicht, dass die Vernunft eindeutig auf Gott verweise – wie es Papst Benedikt in seiner Regensburger Vorlesung postulierte. Das Erfahrungswissen tauge nicht für die Erkenntnis Gottes, so Huber: Der Glaube sei eine Einstellung zur Wirklichkeit, die allem Wissen vorausginge:

"Es handelt sich um eine im Vertrauen zu Gott begründete Daseinsgewissheit, der, obwohl sie nicht im Wissen aufgeht, für den Umgang mit allem Wissen eine orientierende Bedeutung zukommt. Es ist ein gravierendes Missverständnis, den Glauben, weil er den Bereich des Wissens überschreitet, für irrational zu erklären oder in einer Kammer des bloßen Fühlens und Meinens einzusperren."
Natürlich ist eine „Daseinsgewissheit“ mehr als „Fühlen und Meinen“ – aber ist diese Daseinsgewissheit letztlich nicht doch zusammengesetzt aus ganz viel verdichtetem „Fühlen und Meinen“? Huber benennt – absichtlich oder nicht – das dünne Eis, auf dem der Glaube steht. Dem Papst ist dieses Eis zu dünn. Benedikt will den Glauben mit der vernunftgeleiteten Erkenntnis stützen: Die menschliche Vernunft verweise auf Gott. Aber das ist nur unter der Voraussetzung richtig, dass die menschliche Vernunft ein Spiegelbild der göttlichen Vernunft ist. Eine Position, die Huber suspekt ist:
"Je stärker die Christenheit davon überzeugt war, dass ein angemessener Gebrauch der menschlichen Vernunft zu keiner anderen Konsequenz als zur Anerkennung des christlichen Glaubens führen könne, desto massiver neigte sie dazu, Menschen, die sich dieser Konsequenz verweigerten, das Menschsein abzusprechen. Diese Vorstellung steht im Hintergrund der mittelalterlichen Exzesse im Umgang mit Ungläubigen oder Irrgläubigen, also mit Heiden und Häretikern."
Huber ist höflich genug, an dieser Stelle nicht Benedikt zu erwähnen, aber auch der glaubt, dass ein angemessener Gebrauch der menschlichen Vernunft letztlich zur Anerkennung des christlichen Glaubens führen müsse.»

Quelle: christoph-fleischmann.de, Rezension zu:
Wolfgang Huber: Der christliche Glaube. Eine evangelische Orientierung. Gütersloher Verlagshaus 2008. 288 Seiten. EUR 19,95.

WDR 5 Diesseits von Eden - die Welt der Religionen: Sendung vom 31.08.2008

The Great Unmasking

«The lords of finance live in a universe in which they are rewarded for being both insatiable and delusional. With maximizing profits as their single imperative they toil daily at the task of turning every human relationship and every form of matter -- animal, vegetable or mineral -- into a monetized asset. The only limits on how many ways that monetized asset can be reconfigured and repackaged; the only limits on how many times it can be resold; the only limits on how many ways profit can be wrung out of it are the limits of the imagination. We're human; our imagination is without limits. We've figured out how to buy, sell and lease the air space above buildings and the wind blowing across the plains. And here you thought "inherit the wind" was just a metaphor. But at least the air is a substance you can feel and hear and, on a crisp fall day, smell. Our boys are way beyond that, having long since abandoned the molecular to trade in the entirely immaterial.

So those are the rules they've been playing by. Did the current crop of players make up those rules? No, they are the rules of the reproduction of capital and the current players just happen to be in the game at a time when, abetted by the information superhighway and in the context of globalization, they've triggered a crisis that may yet turn out to be steeper, wider and deeper than any in recent history. As anybody standing on the corner could tell you, don't hate the player, hate the game.

And the rest of us? What are we to them? We are the human embodiment of the capacity to carry and pay off debt. That's it, that's all. We are our credit scores. We might as well have them flashing on an LED display implanted in our foreheads.

We've been suckered, cajoled, manipulated and coerced into joining them in their world of delusion, ensnared as bit players in the grievous overproduction of imaginary wealth.
[...]

The crisis of capitalism will be temporarily resolved. On our backs, to be sure, and it will undoubtedly take a while, but the markets will stabilize, borrowing and lending will resume, and profit-taking will be back on track. The mask, now in the repair shop for a custom remodel job, will be back in place, firmly affixed to once again show the face of capital triumphant. And capital triumphant will have firmly in hand the one chunk of ideology that was never tossed -- there is no alternative, or TINA.»

Source: ↗CommonDreams.org

Von Teekannen, rosafarbenen Einhörnern und anderen Unwiderlegbarkeiten

Russells Teekanne (engl. "Russell's teapot") ist eine Analogie, die zum ersten Mal vom Philosophen Bertrand Russell geprägt wurde, um die Idee anzufechten, dass es Aufgabe des Skeptikers sei, die Unfehlbarkeitsansprüche der Religion zu widerlegen. Im Artikel Is There a God? , in Auftrag gegeben (aber nie gedruckt) vom Illustrated Magazin im Jahre 1952, schrieb Russell:

Wenn ich behaupten würde, dass es zwischen Erde und Mars eine chinesische Teekanne gäbe, welche auf einer elliptischen Bahn um die Sonne kreise, so könnte niemand meine Behauptung widerlegen, vorausgesetzt, ich würde vorsichtshalber hinzufügen, dass diese Kanne zu klein sei, um selbst von unseren leistungsfähigsten Teleskopen entdeckt werden zu können. Aber wenn ich nun daherginge und sagte, da meine Behauptung nicht zu widerlegen sei, sei es eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft, dies zu bezweifeln, dann könnte man zu Recht denken, ich würde Unsinn erzählen. Wenn jedoch in antiken Büchern die Existenz einer solchen Teekanne bekräftigt würde, dies jeden Sonntag als heilige Wahrheit gelehrt und in die Köpfe der Kinder in der Schule eingeimpft würde, dann würde das Anzweifeln ihrer Existenz zu einem Zeichen von Exzentrizität werden. Es würde dem Zweifler, in einem aufgeklärten Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Psychiaters oder, in einem früheren Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Inquisitors einbringen.

"Unsichtbare, rosafarbene Einhörner sind Wesen mit großer spiritueller Macht. Wir wissen dies, da sie fähig sind, gleichzeitig rosafarben und unsichtbar zu sein. Wie alle Religionen basiert der Glaube an das unsichtbare rosafarbene Einhorn auf Glauben und Logik. Wir glauben, dass es rosafarben ist, aber logisch betrachtet wissen wir, dass es unsichtbar ist, da wir es nicht sehen können."
Steve Eley

Welcome to existence

This is about a new religion, which is called Justnowism.

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Einzug des Herbstes

♫ Paul Simon: The Sound(s) of Silence

Hello darkness, my old friend,
I’ve come to talk with you again,
Because a vision softly creeping,
Left it’s seeds while I was sleeping,
And the vision that was planted in my brain
Still remains
Within the sound of silence.

In restless dreams I walked alone
Narrow streets of cobblestone,
’neath the halo of a street lamp,
I turned my collar to the cold and damp
When my eyes were stabbed by the flash of a neon light
That split the night
And touched the sound of silence.

And in the naked light I saw
Ten thousand people, maybe more.
People talking without speaking,
People hearing without listening,
People writing songs that voices never share
And no one dare
Disturb the sound of silence.

"Fools" said I, "you do not know
Silence like a cancer grows.
Hear my words that I might teach you,
Take my arms that I might reach you."
But my words like silent raindrops fell,
And echoed
In the wells of silence

And the people bowed and prayed
To the neon God they made.
And the sign flashed out it’s warning,
In the words that it was forming.
And the sign said, "the words of the prophets
Are written on the subway walls
And tenement halls."
And whisper’d in the sounds of silence.

The song features Simon on acoustic guitar and both Simon and Garfunkel singing. It was originally recorded as an acoustic piece for their first album Wednesday Morning, 3 A.M., but was later overdubbed with electric instruments and re-released as a single in September 1965. The single slowly climbed the charts until it reached number one on New Year's Day 1966. The song was included in the 1966 album Sounds of Silence.
The song was originally called "The Sounds of Silence", and is titled that way on the early albums in which it appeared and on the single. In later compilations, it was retitled "The Sound of Silence".
Wikipedia EN

Flavius Josephus (Antiquitates Judaicae) on Abraham

Antiquities of the Jews - Book I

CONTAINING THE INTERVAL OF THREE THOUSAND EIGHT HUNDRED AND THIRTY-THREE YEARS.
FROM THE CREATION TO THE DEATH OF ISAAC.



CHAPTER 7.

HOW ABRAM OUR FOREFATHER WENT OUT OF THE LAND OF THE CHALDEANS, AND LIVED IN THE LAND THEN CALLED CANAAN BUT NOW JUDEA.

1. Now Abram, having no son of his own, adopted Lot, his brother Haran's son, and his wife Sarai's brother; and he left the land of Chaldea when he was seventy-five years old, and at the command of God went into Canaan, and therein he dwelt himself, and left it to his posterity. He was a person of great sagacity, both for understanding all things and persuading his hearers, and not mistaken in his opinions; for which reason he began to have higher notions of virtue than others had, and he determined to renew and to change the opinion all men happened then to have concerning God; for he was the first that ventured to publish this notion, That there was but one God, the Creator of the universe; and that, as to other [gods], if they contributed any thing to the happiness of men, that each of them afforded it only according to his appointment, and not by their own power. This his opinion was derived from the irregular phenomena that were visible both at land and sea, as well as those that happen to the sun, and moon, and all the heavenly bodies, thus: - "If [said he] these bodies had power of their own, they would certainly take care of their own regular motions; but since they do not preserve such regularity, they make it plain, that in so far as they co-operate to our advantage, they do it not of their own abilities, but as they are subservient to Him that commands them, to whom alone we ought justly to offer our honor and thanksgiving." For which doctrines, when the Chaldeans, and other people of Mesopotamia, raised a tumult against him, he thought fit to leave that country; and at the command and by the assistance of God, he came and lived in the land of Canaan. And when he was there settled, he built an altar, and performed a sacrifice to God.

2. Berosus mentions our father Abram without naming him, when he says thus: "In the tenth generation after the Flood, there was among the Chaldeans a man righteous and great, and skillful in the celestial science." But Hecatseus does more than barely mention him; for he composed, and left behind him, a book concerning him. And Nicolaus of Damascus, in the fourth book of his History, says thus: "Abram reigned at Damascus, being a foreigner, who came with an army out of the land above Babylon, called the land of the Chaldeans: but, after a long time, he got him up, and removed from that country also, with his people, and went into the land then called the land of Canaan, but now the land of Judea, and this when his posterity were become a multitude; as to which posterity of his, we relate their history in another work. Now the name of Abram is even still famous in the country of Damascus; and there is shown a village named from him, The Habitation of Abram."

CHAPTER 8.

THAT WHEN THERE WAS A FAMINE IN CANAAN, ABRAM WENT THENCE INTO EGYPT; AND AFTER HE HAD CONTINUED THERE A WHILE HE RETURNED BACK AGAIN.

1. NOW, after this, when a famine had invaded the land of Canaan, and Abram had discovered that the Egyptians were in a flourishing condition, he was disposed to go down to them, both to partake of the plenty they enjoyed, and to become an auditor of their priests, and to know what they said concerning the gods; designing either to follow them, if they had better notions than he, or to convert them into a better way, if his own notions proved the truest.
[...]

Pharaoh, the king of Egypt,
[...] made him a large present in money, and gave him leave to enter into conversation with the most learned among the Egyptians; from which conversation his virtue and his reputation became more conspicuous than they had been before.

2. For whereas the Egyptians were formerly addicted to different customs, and despised one another's sacred and accustomed rites, and were very angry one with another on that account, Abram conferred with each of them, and, confuting the reasonings they made use of, every one for their own practices, demonstrated that such reasonings were vain and void of truth: whereupon he was admired by them in those conferences as a very wise man, and one of great sagacity, when he discoursed on any subject he undertook; and this not only in understanding it, but in persuading other men also to assent to him. He communicated to them arithmetic, and delivered to them the science of astronomy; for before Abram came into Egypt they were unacquainted with those parts of learning; for that science came from the Chaldeans into Egypt, and from thence to the Greeks also.

Arno Gruen: Sozialisierende Erziehung

Der Verhaltensforscher Eibl-Eibesfeld, vom Max-Planck-Institut in München, beschreibt eine Ipo-Mutter in West-Neuguinea mit ihren zwei kleinen Kindern, einem Jungen und einem Mädchen. Der kleine isst ein Taro-Stück, eine Art Brot. Die kleine greift danach. Beide fangen an zu schreien. Die Mutter kommt. Der Junge reicht ihr von sich aus das Taro-Stück. Sie bricht es entzwei und gibt beide Teile dem Bruder zurück. Erstaunt bemerkt er, dass er jetzt zwei Stücke hat. Und nachdem er beide für einen Moment angeschaut hat, gibt er eins der Schwester. Wie würden wir uns in einer ähnlichen Situation verhalten? Würden wir nicht das Stückchen Brot austeilen, um auf diese Weise unserem Kind die Wirklichkeit des Teilens beizubringen? Wer von uns hätte es dem Kind überlassen? Wir glauben gar nicht, weil unsere Eltern es nicht glaubten, dass ein Kleinkind von zwei oder drei Jahren es in sich hat so etwas zu begreifen oder tun zu wollen. Und auf solche Weisen geben wir den Inhalt einer Kultur weiter und schränken die Möglichkeiten des Selbstwertes und unserer Wirklichkeit ein. Ein Kind, anstatt (es) von sich heraus initiieren zu können, was der eigentliche Weg zu einem gesunden Selbstwert ist, ordnet sich dem Willen einer Autorität unter und zugleich ist dieser Vorgang die Quelle unerkannter (und) deswegen unbeherrschbarer und unlenkbarer Aggressionen. Und da solche Kinder nicht lernen, die Welt aus den eigenen Möglichkeiten heraus zu bewegen, wird die damit verbundene Hilflosigkeit zu einem unerträglichen Zustand. Und als Selbstschutz werden Kinder dann gefühlslos, gewalttätig oder beides. Der Kontext, in dem dies geschieht, zementiert den Vorgang, wodurch ein Selbstwert unabhängig von äußeren Symbolen der Zulänglichkeit und Stärke gar nicht möglich wird.

Aus: Arno Gruen: Identität und Unmenschlichkeit.

Traditionelle persische Musikinstrumente

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Santur ist eine Art Zither mit 72 Saiten. Aus ihr wurden das mittelalterliche Psalterium, das Zymbalum und später das Klavier entwickelt.

Hörprobe Santur

Tonbak auch Zarb genannt ist eine Bechertrommel. Der Körper der Tombak wird aus festem Maulbeerholz geschnitzt, was ihr ihren besonderen Klang verleiht.

Hörprobe Tonbak

Daf ist eine Schellentrommel.

Hörprobe Daf

Ney ist eine offene Langflöte aus Bambus ohne Mundstück. Sie wird, ähnlich einer Panflöte, direkt am Ende des offenen Rohrs angeblasen.

Hörprobe Ney

Setar ist (heute) eine viersaitige Langhalslaute.

Hörprobe Setar

Taar ist eine 6-saitige Langhalslaute

Hörprobe Taar

Oud ist eine Knickhalslaute. Sie ist eine im arabischen Kulturraum weiterentwickelte persische Setar.

Hörprobe Oud

Dohol

Hörprobe Dohol

Die Kamanche ist eine viersaitige Knie- oder Spießgeige.

Hörprobe Kamanche (im Hintergrund Tonbak)

Neyanban ist ein aus Ziegenhaut gefertigtes dem Dudelsack ähnliches Blasinstrument.

Hörprobe Neyanban