Aus den "Erzählungen der Chassidim": Einen Menschen umbringen
Zu Rabbi Mendel von Kosow kam eine Abordnung und führte Klage über einen Schächter in ihrer Stadt. Nachdem sie eine lange Reihe von Übeltaten aufgezählt hatten, forderten die Leute von Zaddik, er möge den leidigen Mann seines Amtes entheben. Einer aber, der mit ihnen gekommen war, bestritt ihre Aussage als verleumderisch und dem Haß entsprungen. Rabbi Mendel entschied zugunsten des Schächters. Die anderen warfen ihm heftig vor, dass er dem einzelnen vor den vielen Glauben geschenkt habe. "Die Schrift erzählt", sprach er, "Gott habe Abraham geboten, seinen Sohn zu opfern, und Abraham habe sich bereitet, Gehorsam zu leisten; dann aber habe ihm ein Engel Einhalt getan, und sogleich sei er der Stimme botmäßig gewesen, wiewohl Gott selber sein Geheiß nicht widerrufen habe. Damit lehrt uns die Thora: einen Menschen umbringen, das muss Gott allein uns befehlen, und hat er`s schon getan, wenn dann das winzigste Englein kommt und uns sagt: 'Streck deine Hand nicht aus', so haben wir dessen Spruch zu folgen.
Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim. Manesse, Zürich 1949. S. 547
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