Bonhoeffer - jenseits der Erbaulichkeit

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Bonhoeffer folgte dem Philosophen Kant, als er provozierend feststellt: "Einen Gott, den 'es gibt', gibt es nicht!" Denn über alles, was "es gibt", könne der Mensch verfügen – und sei es nur in Gedanken; Gott aber sei nicht verfügbar.

Wenn wir über ihn nachdenken, kommt irgendetwas Menschliches dabei heraus, aber nichts Göttliches. Wir können über Gott nur etwas wissen, wenn er sich uns in einer Sprache offenbart, die wir verstehen können.

Kant unterschied zwischen Wissen und Glauben. Es gehe darum, was wir glauben dürften, auch ohne es beweisen zu können, und Bonhoeffer gibt ihm darin Recht.

Aber anders als Kant sagt er, das Gott sich finden lasse, denn er habe sich in Christus und den Worten der Bibel offenbart. Und zwar als ein Gott, der etwas fordert. Das ist ein erster entscheidender Beitrag des jungen Theologen zu der theologischen Debatte seiner Zeit.

Die Verbindung von Gotteserkenntnis und Weltwirklichkeit verleiht Bonhoeffers Theologie von Anfang an eine politische Stoßrichtung.

So schreibt er wenige Wochen, nachdem Hitler Reichskanzler geworden war, den Aufsatz "Die Kirche vor der Judenfrage", weil er erkannt hat, dass sich an dieser Frage entscheiden wird, ob Deutschland eine zivilisierte Nation bleiben oder der Barbarei verfallen wird.
Darin fordert er dreierlei:
Erstens müsse die Kirche den Staat fragen, ob das, was er tut, legitim sei.
Zweitens sei die Kirche den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehörten.
Und drittens soll die Kirche, wenn sie erkennt, dass der Staat Unrecht tut, nicht nur die Opfer unter dem Rad verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen fallen.
Das wäre politischer Widerstand, und über den müsste ein evangelisches Konzil entscheiden.

Auf der Bedingung, dass hier nicht einzelne das Heft in die Hand nehmen solle, sondern dass die Kirche verpflichtet sei, das Gebot Gottes für die jeweilige Zeit zu erkennen und zu verkündigen, hat er lange bestanden.
Unermüdlich hat er die evangelische Kirche aufgefordert, ihre Angst vor dem Staat zu vergessen und politisch zu handeln. "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen", auch das ist ein biblisches Gebot.

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