Tariq Ramadan: "Es gibt kein islamisches System, nur islamische Prinzipien"

Im Gespräch mit Claudia Mende wendet sich der muslimische Gelehrte und Reformdenker Tariq Ramadan gegen autoritäre Herrschaftsstrukturen im Islam und wirbt für ein modernes Glaubensverständnis auf der Grundlage einer Trennung von Staat und Kirche.
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Die Scharia ist für mich mehr, als das, was die fuqaha, d.h. die islamischen Rechtsgelehrten und Juristen nur als islamisches Gesetz definiert haben. Die Scharia weist den Weg zur Glaubwürdigkeit ("faithfulness"). Wir müssen die Gesetze im Lichte dieses Weges sehen. Die Scharia gibt die Vision vor, nach der wir streben wollen. Wenn beispielsweise ein deutsches Gesetz regelt, dass Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich sind oder gleichen Lohn für gleiche Arbeit beziehen sollen, dann ist das ist das insofern Scharia für mich, da ich diese Gleichheit vor dem Gesetz will. Daher habe ich ein Problem mit jenen Gelehrten, die den Koran wortwörtlich verstehen und meinen, die Scharia und das säkulare Rechtssystem seien zwei gegensätzliche Systeme. Ich finde das vollkommen falsch.
Die religiöse Gewalt darf den Menschen nichts auferlegen, was sie mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen.
Buch-Cover 'Radikale Reform' (Diederichs Verlag)
In "Radikale Reformen" plädiert der Islamwissenschaftler für einen modernen Umgang mit dem Islam

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